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Abenteuer 03

Abenteuer Geschichte

Morrigan's Fluch

Das Logbuch der Heldengruppe


Am Abend des 4. Wynarn treffen wir uns bei Elavrin und helfen der alten Elfin beim Aufstellen ihres Zaunes. Oi macht soweit die Hauptarbeit, scheint aber nicht ganz bei der Sache zu sein, denn der Zaun steht mehr schlecht als recht. Nach getaner Arbeit sitzen wir noch bei einem magisch gekühlten Bier zusammen und besprechen die möglichen Varianten des Gesprächsverlaufs von Ois morgigem Termin. Die Halborkin bittet noch um das magische Parfüm, welches wir gefunden haben, in der Hoffnung, dass sie mit dessen Hilfe die Gunst von Worrin Lidu erringen kann. Nachdem die Diskussion in wenig sinnvollen Bahnen verläuft, kommen wir zum Schluss, dass Oi einfach bei der Wahrheit bleiben soll und Lord Lidu ehrlich berichten soll, was vorgefallen ist.
Schliesslich brechen die einzelnen Leute auf um noch ihren persönlichen Anliegen nachzugehen und wir verabreden für den nächsten Abend zum Abendessen im "Blutrünstigen Pelikan". Ich statte Kari noch einen Besuch ab und begleite sie auf einer späten Bummeltour durch die Stadt. Neben diversem Klatsch und Tratsch unterhalten wir uns auch über Lavinia. Ich werde nach wie vor nicht ganz schlau aus ihrem Verhalten und Kari rät mir, sie ganz unverbindlich zum Essen oder in die Oper auszuführen. Ich habe zwar meine Zweifel, dass ich sie damit aus ihrer Reserviertheit locken kann, aber ein Versuch kann ja nicht schaden.

Am 5. Wynarn verbringe ich den Morgen damit, in einer Vielzahl von Lokalen Tische für den Abend des nächsten Tages zu reservieren, sowie Eintrittskarten für die meisten Anlässe zu organisieren. Irgendwas davon wird Lavinia wohl gefallen. Anschliessend statte ich ihr einen Besuch ab, um sie offiziell einzuladen, allerdings komme ich an Cora nicht vorbei. Sie verspricht zwar, ihrer Herrin meine Einladung mitzuteilen, ich gehe aber lieber auf Nummer sicher und lade Lavinia noch schriftlich ein, in der Hoffnung, dass zumindest der Brief zu ihr durchkommt.
Am Abend trifft sich die Gruppe schliesslich im "Blutrünstigen Pelikan" und Oi erzählt uns, was sie bei ihrem Gespräch mit Worrin Lidu erfahren hat. Angeblich könne er ihr mit ihrem Problem nicht weiterhelfen, da er keine grosse Ahnung von dieser speziellen Materie habe, aber er ermöglicht ihr, bei Annah Teranaki, der Hohepriesterin des Sindeha-Tempels, vorzusprechen. Diese wiederum erklärt Oi, dass es prinzipiell drei Möglichkeiten gebe, mit der Situation umzugehen. Zum einen könne sie den Fluch akzeptieren und damit leben und sterben. Zum Anderen könne sie versuchen, einen Priester oder Kleriker Morrigans zu finden, um bei diesem Busse zu tun. Oder aber sie verschreibe sich einer anderen Gottheit, auf dass dieser den Fluch breche. Da die Halborkin jedoch weder bereit ist, sich dem Fluch zu ergeben, noch sich einer Gottheit zu verschreiben, bleibt folglich nur das Finden eines Priesters oder Klerikers übrig. Die Hohepriesterin teilt Oi mit, dass die Entitäten von Morrigan und Mada sich sehr ähnlich seien und die Anhänger der einen auch oftmals Anhänger der anderen seien. Des Weiteren liessen sich die Anhänger der Mada in zwei Kulte unterteilen. Die einen nennen sich die Schattenloge, welche eher aus Schlächtern und Mörder bestehen solle, während die anderen sich Shai-Mada nennen. Über diese sei jedoch nicht viel bekannt, ausser dass sie die Steine der Mada, die sogenannten Madamanten auf der ganzen Welt suchen und sammeln. Die beiden Kulte seien sich eher feindlich gesinnt und eine Möglichkeit mit einem Priester oder Kleriker Morrigans in Verbindung zu treten wäre, ein Mitglied der Schattenloge an die Shai-Mada auszuliefern. Da die Schattenloge aber primär weiter im Norden aktiv ist, verwerfen wir diese Möglichkeit rasch. Eine mehrmonatige Reise nach Freihafen um dort auf gut Glück ein Mitglied einer Geheimorganisation aufzuspüren, zu überwaltigen und dann an eine andere Geheimorganisation auszuliefern, erscheint im Moment nicht praktikabel. Die andere Möglichkeit wäre, in den Besitz eines Madamanten zu kommen, und so die Shai-Mada auf uns aufmerksam zu machen. Da mir bei meinem letzten Besuch der Oper aufgefallen ist, dass eine Vorfahrin von Worrin Lidu auf einem der Gemälde offenbar einen Madamanten als Schmuckstein trägt, beschliessen wir, am nächsten Tag um eine erneute Audienz bei Lord Lidu zu bitten. Kurz bevor wir die Tafel aufheben wirft Oi noch ein, dass es interessant wäre zu erfahren, wie Diamant ihre Ausbildung in der Telavanta-Akademie bezahlt hatte. So gut die Idee auch war, sie entpuppte sich am nächsten Tag zu einer erneuten Sackgasse in dieser Geschichte. Die Auftragsmörderin wurde durch ein Stipendium finanziert. Wer auch immer uns diese Frau auf den Hals gehetzt hat, war scheinbar sehr vorsichtig, keine Hinweise auf seine Identität zu hinterlassen.

Am Morgen des 6. Wynarn ersuchen wir gemeinsam um eine Audienz bei Lord Lidu und zu unserem Erstaunen bekommen wir auch gleich einen Termin. Da wir uns darauf geeinigt haben, dass Oi das Gespräch führen soll, übernimmt sie das Wort und erklärt Worrin Lidu von unseren Überlegungen bezüglich des Madamanten auf dem Gemälde seiner Vorfahrin. Zu unserer Enttäuschung teilt er uns mit, dass er nichts von diesem Stein wisse, bietet aber an, dass er kurz abzuklären versuche, was es damit auf sich habe. Er verlässt für 15 Minuten den Raum und als er wieder kommt, informiert er uns, dass sein Grossvater den besagten Stein bei einer Frau names Selinaya Duvall für eine Dienstleistung eingetauscht habe. Weiter erzählt er uns, dass diese Frau von der Insel Runè stamme. Weiteres sei ihm jedoch nicht bekannt. Wir bedanken uns und verlassen das Anwesen mit gemischten Gefühlen. Zwar ist der Madamant nicht mehr im Besitz der Familie Lidu und somit aus unmittelbarer Reichweite verschwunden, doch haben wir zumindest eine Spur, der wir folgen können, auch wenn diese noch so dürftig ist.
Wir besprechen das weitere Vorgehen und Elavrin klärt uns auf, dass Runè eine Insel in der Jaklea-Bucht sei und dass die Insel während der Herrschaft der Meerprinzen den entflohenen Sklaven als Zufluchtsort gedient habe. Zum Mittagessen kehren wir in der Nähe von Savinas Wohnung in einem Lokal ein. Bei dieser Gelegenheit studieren wir gemeinsam die nautischen Karten, welche wir in der Piratenhöhle in der Blutbucht erbeuten konnte. Den Karten zu Folge ist Runè von Sasserine aus in etwa einer Woche mit einem Schiff erreichbar, allerdings ist die Insel von Riffen umgeben, welche nichteinmal auf unseren Karten genauer eingezeichnet sind. Wir beschliessen am Nachmittag diverse Quellen anzuzapfen und mehr über Runè und Selinaya Duvall in Erfahrung zu bringen. Savina und Elavrin durchkämmen die Bibliothek im Sindeha-Tempel, während Oi und ich getrennt den Hafen abklappern. Da mein Glück mir Hold zu sein scheint, treffe ich im "Torkelnden Delfin" auf Eleidra Flynn, die legendäre Kapitänin der "Wellentänzer". Über die Insel Runè weiss sie zu berichten, dass die sie umgebenden Riffe eine Todesfalle für Schiffe seien. Das Ganze sei über die Jahre zu einem regelrechten Schiffsfriedhof geworden. Die Winde und Strömungen seien unberechenbar und niemand sei bisher in der Lage gewesen, eine brauchbare Karte anzufertigen. Die Meerprinzen hätten damals versucht, auf der Insel zu landen, doch seien alle ihre Schiffe aufgelaufen und gesunken.
Bezüglich dem Namen Selinaya Duvall fällt Kapitänin Flynn lediglich die Geschichte des alten Plantagenbesitzer Anton Misroi ein, welcher angeblich seine Frau namens Selinaya in den Sumpf geschleift haben und ertränkt haben soll. Seine Frau sei aber von den Toten zurückgekehrt, um sich an ihm zu rächen.



  • Logbucheintrag von Oi

6.Wynarn
Heute ist Talandrion nicht bei unserem regelmässigen Treffen gegen Abend dabei – er trifft sich mit Lavinia Vanderboren. Bin ja gespannt, was daraus noch zu erwachsen vermag. Ich hoffe, sie lässt sich nicht allzubald von ihm schwängern. Wie ernst es ihm wirklich ist, kann ich nur vermuten. Aber so, wie ich ihn kennengelernt habe... nun, es würde ihm auf jeden Fall nicht leicht fallen, sich von seinem abendteuerlichen Leben loszusagen und Verantwortung zu übernehmen. Dazu kommt noch, dass ich ihn auch nicht unbedingt verlieren will. Immerhin ist er der Teil der Gruppe, den ich schon am längsten kenne. Und irgendwie ist er für mcih trotz allem eine Konstante – die anderen Beiden... na ja. Savina kommt und geht, wie es ihr so passt und Elavrin ... Elavrin ist eine alte, eigentümliche, Hexe, die vermutlich viel zu lange alleine gelebt hat. Sie ist schon in Ordnung, aber eben auch kaum einschätzbar in ihrer seltsamen Art... Aber ich verzettle mich in den Gedanken. Wir trafen uns, und tauschten uns aus. Ela's Wohnung scheint Fortschritte zu machen; sie hat einen Schreiner für die Umbauarbeiten engagiert. Na ja... nach dem, was mit dem Zaun so passiert ist, ist das auch oke. Wenn ich bloss den Fluch bald wieder los wäre
Wir konnten auf jeden Fall nicht herausfinden, von wem oder wann die Randnotitz in dem Buch über die Fischer, die scheinbar Runé anfahren, stammen. Für morgen ist geplant, dass wir uns gegen Abend zu einem Kaffee treffen. Savina braucht mal wieder Zeit für ihre Familie.

7.Wynarn
Ich höre mich im Hafen um, ob es Jemanden gibt, der nach Runè fahren würde und was der Preis dafür wäre, habe aber nicht viel Erfolg – einzig ein Händler sagt was von 1000 Gold pro Tag mit einem Zwinkern... und dann höre ich noch was von der Juwel von Melindra Tann, aber die liegt zur Zeit nicht im Hafen. Dann suche ich Talandrion auf, um ihm mitzuteilen, dass wir uns gegen Abend treffen – und wo. Ich finde ihn zwar nicht, hinterlege ihm aber einen Zettel mit einigen krakeligen Zeilen. Das Schreiben fällt mir noch immer schwer.
Schliesslich gehe ich zur Azurkathedrale, spende mal wieder einige Gold – nur um danach auch nicht mehr Infos zu erhalten. Es ist wie verflucht! Emm. Es IST verflucht.Ich bitte die Götter um eine gute Reise nach Runè.
Abends treffen wir uns wieder. Alle sind da, selbst Tala – wenn auch mit Verspätung, nervös, angespannt und völlig übermüdet. Bei Lavinia soll es schön gewesen sein, mehr will er uns nur an einem abgeschiedeneren Platz erzählen, also gehen wir zu Savina. Kaum sind wir unter uns, beginnt Tala zu erzählen: Es betrifft Euch wohl nicht direkt, aber in meinem Umfeld seid ihr wohl in Gefahr; Vor einigen Tagen rempelte mich eine Halbelfin an. Es war eine Fremde mit violetten Augen, wie ich sie habe. Sie war schnell wieder weg, ich suchte sie, doch konnte sie nicht mehr finden. Als ich gestern Lavinia Heim gebracht hatte, sprang die Fremde mich plötzlich wie aus dem Nichts an und fiel mir um den Hals, umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange und plapperte wild darauf los. Sie sagte, sie sei Orryn. Dann war sie plötzlich ruhiger, nannte mich Talandrion Rayem und in einer Art Zeremonie überreichte sie mir im Namen der Matriarchin ein Kartenspiel. Dann plapperte sie wild weiter. Dass sie mich endlich gefunden habe und dass ich schwer zu finden sei wegen der Tarnung. Sie sagte noch was von Tante Dru, doch dann fluchte sie, sprach von Gefahr und davon, dass ich zu schwach sei. Und drückt mir einen Dolch in die Hand, schwebt sogleich auf das Dach mit Blitzen, die ihren Körper umspielten. Ich machte mich unsichtbar, lauschte, spürte, wie Schatten über die Dächer huschen, Hechelnd wie Hunde. Dann wurde es Taghell wie von einem Blitz und Donner erschütterte die Luft. Ich stolperte weg, sie hatte gesagt, dass ich verschwinden sollte und dass sie versuchen würde mir da die Chance zum verschwinden zu geben. Schliesslich taumelte ich weg, kam aber später wieder, um mich umzusehen. Aber da war schon wieder alles normal, ausser ein paar Leuten, die den Donner gehört hatten und deswegen auf die Strasse gegangen waren um zu sehen, was los ist.
Wir diskutieren noch über das Erzählte, betrachten dabei den Dolch, den Tala von der Blonden mit den violetten Augen bekommen hat. Ein schönes Stück: ein Drachenkopf ziert die Parierstange, drei violette Steine prangen in Augenhöhlen und auf dessen Stirn. Wenn man genau hinsieht, entdeckt man einen Blitz, der sich auf der Klinge windet. Wirklich faszinierend.
Schliesslich wenden wir uns unseren Ermittlungen zu. Zu erzählen weiss niemand viel Neues, ausser dass Selinaya udn Miseroi vor 30-40 Jahren, zur Zeit der Meeresprinzen, geheiratet haben sollen. Ich habe das Gefühl, als ob wir auf der Stelle treten. Savina wird morgen zu den Barden gehen, vielleicht wissen die ja mehr. Und Elavrin... nun, sie verabschiedet sich für zwei Tage, die sie mit Sassaia draussen im Dschungel verbringen will. Ich kann es ihr nicht verübeln. Wir verarbreden uns also für übermorgen Mittag bei Savina. Morgen treffen die restlichen drei sich wie üblich beim Kaffee. Savina erzählt uns noch Etwas von einem Strassenfest, welches sie für den 15ten organisieren will. Nun... soll sie - ich habe echt andere Sorgen.
Talandrion geht, ich geselle mich noch zu Savina und ihren Nachbarn, die gemütlich draussen beim Essen, Trinken und Reden zusammensitzen. Savina scheint hier ziemlich beliebt zu sein und pilgert von einem Grüppchen zum Nächsten. Ich geselle mich zu einigen Leuten; scheinen doch ziemlich angenehm zu sein. Zumindest verstehen sie es, aus einem gewöhnlichen Abend ein Fest zu machen. Hmm. Wie wohl dann Savina's Fest werden wird? Schliesslich gelingt es mir tatsächlich, für einige Zeit den Fluch zu vergessen, der auf mir lastet. Immerhin so lange, mis der sich mit einem lauten Husten wieder bemerkbar macht. Der Wein ist mir in die Luftröhre geraten....

8.Wynarn
Talandrion macht sich bei den Historikern, bei dem Vorstand Errix Vorrn schlau, Ela geht bei Lord Lidu vorbei, der allerdings heute ausser Haus ist, worauf sie bei den Barden vorbeischaut. Ich selber gehe in den Sindeha-Tempel, wo ich nichts erfahre - ausser, dass bei den Historikern eher was diesbezüglich zu finden wäre. Also gehe ich wie jeden Tag zum Schrein zu St. Worgul. Wie immer erkundige ich mich nach dem Halbork, aber wieder ist er nicht da, also setze ich mich an meinen Platz und stelle fest, wie vertraut mir der Tempel geworden ist, wie wohl ich mich hier fühle und bemerke die Ruhe, die mir der Tempel gibt. Eine Ruhe, die ich so nie erlebt habe. Ich denke über die Sache mit Morrigan nach, und ob ich wohl Erfolg haben werde. Seltsamerweise spüre ich, solange ich mich hier aufhalte, nichts vor der Angst vor dem Fluch, die mittlerweilen mein treuer Begleiter geworden ist.
Später treffen wir uns dann wieder. Tala hat bei den Historikern herausgefunden, dass Anton Miseroi Selinaya um 957 geehelicht hat. Auch hier war kein zweiter Name der Braut vermerkt. Bei den Barden fand Savina heraus, dass Miseroi zwei gute Freunde hatte, Matteu und Calin Navarr, der in Selinaya verliebt gewesen sein soll. Miseroi hat aus Eifersucht mit ihm gebrochen und ihn in den Ruin getrieben. Ich frage mich, ob es wohl sein könnte, dass Calin Miseroi schlussendlich getötet hat.

9.Wynarn
Um die Mittagszeit treffen wir vier uns wieder. Ela erzählt davon, wie schön es draussen war. Dann besprechen wir die Neuigkeiten bezüglich Selinaya. Wir wollen nach Runè und dazu brauchen wir ein Schiff - das einzige, von dem wir wissen, dass es Herrenlos ist, schwimmt in der Blutbucht. Wird Zeit, dass wir es holen... Also gehen wir zu Lavina, welche uns für die Zeit frei gibt und uns in unserer Abwesenheit mit dem Koordinieren in Sachen Informationen helfen will.
Wir treffen uns im Hafen, wo wir einen Fischer finden, der bereit ist, uns zur Krakenbucht zu schippern. Für Satte 20 Gold pro Tag und Mann. Nun ja, auch Talandrion hat Tage, die nicht optimal verlaufen - der Fischer scheint Elfen nicht zu mögen. Eine Mannschaft ist einfach zu finden, für den Kapitän brauchen wir Etwas länger. Schliesslich bekommt Savina mit, dass Amella Venkali zur Zeit einen Job sucht. Ich kenn die Frau noch von früher; sie ist gut, gewissenhaft und absolut humorlos.
Von Lord Lidu bekommen wir eine Nachricht, in der er uns mitteilt, dass die Kette mit dem Madastein um 956, ein Jahr vor der Hochzeit, stattgefunden hat.

10.Wynarn
Früh morgens sind wir am Hafen bei dem Fischer, der uns zu unserem neuen Schiff bringen wird. Er lässt Sassaia nur auf's Boot, wenn sie angekettet ist, ansonsten müssten wir für sie ebenfalls bezahlen. Schlussendlich muss Elavrin sie ankette und für sie bezahlen... na ja. Dieser Typ bekommt von uns bestimmt keinen besseren Ruf. Schliesslich legen wir ab. Während der Fahrt unterhalte ich mich mit Amella Venkali, nur um festzustellen, dass sie sich kein Bisschen verändert hat. Nun, was habe ich erwartet? Mit dem letzten Tageslicht kommen wir bei der Bucht an. Leider ist es schon zu dunkel, also warten wir bis zum nächsten Morgen, bis wir in unserem Boot zum Schiff übersetzen. Das bedeutet gutes Gold für den Fischer. Vermutlich hat er nun mehr Gold, als er es je besessen hat. Wirklich weh tut es uns ja nicht, aber ich hasse solch schlitzohrige Typen. Mal sehen, vielleicht begegne ich ihm ja mal in einer dunklen Gasse, wolln wir mal sehen, ob er dann seine Klappe noch immer dermassen aufreisst!

11.Wynarn
Wir setzen mit einem der Matrosen zum Schiff über. Den Weg zu finden fällt uns mit Hilfe der Karte nicht schwer. Noch immer schillert Öl auf der Wasseroberfläche der Bucht und im Hafen liegen verbrannte Schiffswraks. Meine neue Liebe, die Sturmdrache, liegt in voller Takelage friedlich da. Vor Freude jauchze ich auf, als Savina eine Bewegung ausmacht. Vorsichtig klettere ich an Bord und als ich nichts verdächtiges ausmachen kann, hoch in den Mast. Das Deck ist geziert von älteren Blutflecken und Kampfspuren, aber ansonsten scheint das Schiff auf den ersten Blick in bester Verfassung zu sein. Die Türen und Luken sind alle geschlossen und nichts bewegt sich. Vielleicht hat Savina sich ja getäuscht, aber Vorsicht ist auf alle Fälle besser. Ich gebe den Anderen das Zeichen, an Deck zu kommen unde wir durchsuchen das Schiff von oben nach unten, werden aber nicht fündig, bis Sassaia im Lagerraum, tief im Schiffsrumpf, bei einer Kiste anzeit, dass sie was riecht, was da nicht hingehört. Elavrin sagt Etwas wie "Wenn Du uns verstehst, dann komm hervor!" als eine piepsige Stimme erwiedert "Tut ihr mich auch nicht fressen?" und ein brandmagerer Junge aus der Kiste steigt. Wie sich herausstellt, hat er einen Riesenhunger und vor Allem das Obst, welches wir ihm geben, hat es ihm angetan. Er erzählt, dass Roland Schwarzauge von Kigante Valeros (sein Heimathafen), den wir damals tot in den hiesigen Höhlen gefunden haben, der Kapitän der Sturmdrache war. Und dass er nun seit zehn Tagen alleine auf dem Schiff lebt. Wie es aussieht, hat er es sich in der Kapitänskajüte bequem gemacht und von Schiffszwieback und brackigem Wasser gelebt. Die Eltern von dem Jungen, der sich Tavey Nesk nennt, sollen berühmte Glückssucher gewesen sein... allerdings braucht der Junge seeehr lange, bis ihm ihre Namen einfallen. Und wenn man ihn wieder danach fragt, heissen sie anders. Na ja. ist schon verständlich, dass er sich eine Abstammung wünscht, auf die er stolz sein kann. Und Tavi ist ja wirklich ein süsser Junge. Voller Stolz und Angst. Ich mag ihn. Noch ist er nicht durch ein zuviel an Erziehung verdorben. Ich stelle ihn als Schiffsjungen ein, was die Anderen nicht unbedingt gerade zu begeistern scheint. Aber was sollen wir sonst mit ihm anstellen? Er kennt nichts anderes als das Schiff und wenn man gut mit ihm umgeht, wird er wohl der treuste Teil der Besatzung, die sich ansonsten gut bezahlen lässt. Und wenn er irgendwann mal weg will, nun, an mir soll es nicht liegen - und ohne Geld wird er auch nicht ziehen müssen.


Tavey Nesk

Schliesslich überprüfen wir den Zustand unseres neuen Schiffes. Es ist wie gedacht in guter Verfassung - nur die Kratzer, die gut sichtbar am Rumpf prangen udn diesen nicht beeinträchtigen, hat man nicht ausgebessert. Vermutlich des Aussehen wegens; vielleicht bekommen ja die Opfer der Piraten Angst durch solchen Schnickschnack. Aber mir gefällt es. Und der Name... erst wollte ich es ja umtaufen - immerhin könnte es sein, dass wir deswegen zu Unrecht irgendwo angefeindet werden.... der Name gefällt mir, je länger ich darüber nachdenke, desto besser. Sturmdrache. Ein stolzes Schiff.


Die Sturmdrache

Talandrion allerdings hat andere Dinge im Kopf. Er kommt an Deck, redet irgendwas über die Teile der Schwarzen Perle, die noch in der Bucht herumliegen müssen und fragt mich schliesslich nach dem Ring. Dass ich sie suchen gehe, kommt für ihn gar nicht in Frage. Nun, das Wasser ist ruhig und die Sache scheint ungefährlich, also überlasse ich ihm den Schwimmring und er macht sich auf die Suche. Ich werfe Tavi einen Apfel zu, den er geschickt mit einem Leuchten in den Augen auffängt. Der Junge ist wirklich nicht schlecht, besser kann man es eigentlich gar nicht treffen - ein Schiff zu finden, welches bereits über einen Schiffsjungen verfügt, dem man mit der Zeit erst noch vertrauen kann. Das Schöne an der Sache ist ja, dass Schiffsjungen zumeist nicht gross beachtet werden, einem also alles, was sich an Bord so tut, zu erzählen vermögen. Talandrion kommt einige Zeit später tatsächlich mit den scharfkantigen Überresten der Perle wieder an Bord. Erstaunlich, wenn man bedenkt, welchen Schaden die verhältnissmässig unscheinbare Perle angerichtet hat. Sie hat laut Tala in einer kreisrunden und absolut toten Zone im Meer gelegen. Ich mag solche Dinge nicht.
Wir machen unsere Sturmdrache bereit zum Auslaufen und mit Hilfe der Karte verlassen wir unter Amella Venkali Kommando die Bucht. es tut gut, wieder zu segeln...

12.Wynarn
Am nächsten Morgen fühl ich mich irgendwie seltsam. Unbeschwert. Ist doch alles so ziemlich egal, immerhin ist das Leben schön und wir haben ein Schiff! Also klettere ich hoch in's Krähennest, wohin mir Tavey Nesk gerne folgt und zeige ihm, wie witzig es ist, sich an den Tauen einzuhaken und sich runtergleiten zu lassen. Je besser man es kann, je weniger Angst man hat, desto schneller kann man es sausen lassen - uns Tavi ist ein gelehriger Schüler. Wir klettern immer wieder hoch und lassen uns laut jauchzend immer schneller die Seile hinunter. Bis die Anderen an Deck kommen. Elavrin ruft mich zu sich und faselt Etwas davon, wie gefährlich das für den Jungen wäre. Als ob der nicht auf einem Schiff grossgeworden wäre! Aber sie ist nicht davon abzubringen, dass ich sowas bleiben lassen soll - zumindest Tavi sei definitiv noch zu schwach und unerfahren dazu. Ich sehe nicht wirklich ein, was sie meint, aber ich tue ihr schliesslich den Gefallen - sie weiss ja nicht, wie einfach das ist, als Landratte.
Nachmittags kommen wir in Sasserine an. Echt schnell, wenn man den Vergleich von Ruderboot zu Fischerboot und unserer Sturmdrache zieht!
Den kleinen Tavi lassen wir erstmal auf dem Schiff, die Mannschaft bekommt Landgang und wir machen uns auf den Weg zu Lavina, die ich zur Begrüssung umarme. Etwas perplex versorgt sie uns schliesslich mit den neuen Informationen. Selinaya scheint tatsächlich die Selinaya Duvall von Runè gewesen zu sein, was sie aber wegen den Meeresprinzen wohl nicht bekannt werden lassen durfte - immerhin kannte sie offensichtlich den Weg nach Runè. Navarr scheint nach der Hochzeit völlig abgestürzt und schleisslich verschwunden zu sein. Das Alles macht es wahrscheinlich, dass das Madamant-Collier nicht auf Runè, sondern auf der ehemaligen Plantage von Miseroi zu finden ist. Savina erzählt, dass Selinaya einmal im Monat für eine Nacht verschwand, was Miseroi zum Wahnsinn trieb. Ich denke mir, dass das auch so ne Mada-Sache sein könnte. immerhin erstrahlt die Mada nur einmal im Monat ganz rund. Aber meine Ideen scheinen irgendwie nicht gut anzukommen. Ich weiss auch nicht, was mit den Anderen zur Zeit los ist. immer diese übertriebene Ernsthaftigkeit!
Die Plantage, wie wir dann erfahren, liegt bei Sarasota, einem Dorf, eine knappe Woche Reisezeit zu Pferd, von hier aus gesehen.Aber reiten finde ich blöd. Ich mein, ich renn so schnell wie ein Pony - und was grösseres kann Savina ja eh nicht reiten, also was soll das? Aber Talandrion spielt diesmal Spassbremse und schliesslich willige ich ein. Ich muss ja nicht reiten, kann das Pferd ja auch die ganze Zeit am Zügel führen. So einen gemütlichen Ausritt hatte der Gaul bestimmt noch nie!
Talandrion bringt schliesslich die Überreste der Perle zum Turm der Hexenwächter. Die sollen davon ziemlich fasziniert gewesen sein. Mir soll es Recht sein, so sind wir das Ding wieder los. Derweilen gehe ich wieder in den Schrein. Ist immerhin drei Tage her seit dem letzten Mal. Der imponierende Günling ist immer noch nicht wieder gekehrt. Hätte mcih auch gewundert. So langsam frage ich mich, ob es so sein soll, dass ich immer wieder hier einkehre. Ob er nur deswegen weg ist. Ich mein, wer weiss schon, was Götter denken? Mit derlei Gedanken setze ich mich wieder auf meinen Platz und wieder verspüre ich die Ruhe einkehren. Es ist schön hier. Wie wohl ein Tempel der Morrigan aussehen mag? Wobei die ja bestimmt keine oder kaum irgendwelche Tempel hat, da sie sich der Heimlichkeit verschrieben hat. Hmm. Aber irgendwie ist sie schon faszinierend. Die Schattengleiche.
Als ich wieder zurück bin, nehmen wir die Einkäufe für die Reise in Angriff und organisieren Pferde. Ich murre wieder ein Wenig. So unnötig Gold auszugeben! Aber gut, soll Tala doch unser Gold zum Fenster rauswerfen. Schliesslich ist für alles gesorgt, nur Tavi lässt sich schwer davon überzeugen, sich von Cora bemuttern zu lassen. Als ich dann allerdings ihre Küche auf's Höchste lobe, bekommt er wieder diesen Glanz in den Augen - für gutes Essen scheint er so ziemlich alles zu tun. Ich beauftrage ihn damit, ab und an einen Blick auf unsere Sturmdrache zu halten und mache ihn für das Schiff verantwortlich.

13-17.Wynarn
Savina bekommt eine Nachricht und muss in der Stadt bleiben. Irgendwas familäres, wie sie sagt. Also muss ich doch immer mal wieder reiten - mit einem Pony Schritt zu halten ist kein Ding, bei einem Pferd ist das auf Dauer leider nicht machbar. Aber es ist ein gutes Training, zuweilen nebenher zu laufen, so rostet man nicht ein und mein Hintern kann sich von dem unbequemen Sattel erholen.



17. Wynarn
Es ist der Abend des vierten Tages, als wir endlich in den kleinen Weiler Toran einreiten. Nun ja, eigentlich sind es nur vier einfache Holzhütten, welche dicht beieinander stehen, ganz so als ob sie sich nur gemeinsam gegen das sie umgebende Dickicht des Amedio-Dschungels behaupten können. Und auch dies offenbar auch mehr schlecht als recht...
Um so mehr erstaunt es, dass es in diesem Kaff doch tatsächlich eine kleine Gaststube gibt, welche aber wohl noch auf Zeiten zurück zu führen ist, als die Misroi-Plantage noch stand. Doch dies ist lange her und Fremde scheinen sich selten hierher zu verirren, und so haben wir sofort die Aufmerksamkeit einer älteren Frau, welche vor ihrem Haus mir unbekannte Fische ausnimmt. Sie begrüsst uns neugierig und freundlich, ohne jedoch in ihrer Arbeit inne zu halten. Auf unsere Frage nach einem Führer nach Sarasota deutet sie zur Gaststube und meint, wir sollen nach Narim fragen. Im Schankraum, welcher offenbar auch als Schlafraum zu dienen scheint, wird schnell klar, wer Narim ist, da es nur einen Gast im Raum hat. Narim ist ein kleiner, alter Mann, dem man sofort ansieht, dass er den grössten Teil seines langen Lebens in der Wildnis verbracht hat. Im ersten Augenblick betrachtet er uns freudig erregt lächelnd - Gäste sind in so einem Kaff immer eine willkommene Abwechslung. Doch als er Sassaia erblickt, wird sein Blick eindeutig etwas ungehalten und resignierend - ganz so wie der Blick einer Mutter, die einem Kind schon tausend Mal gesagt hat, dass der Topf auf dem Feuer heiss ist, und trotzdem weiss, dass das Kind erst zuhört, wenn es sich verbrannt hat. Nun ja, ich verstehe seine Reaktion, aber Sassaia ist halt nicht irgend ein Tiger. Als wir uns jedenfalls zu ihm setzen möchten und Talandrion bereits eine Runde Bier für alle bestellt, rumpelt es plötzlich hinter mir und sogleich hört man Oi eben so herzhaft Fluchen wie Narim lacht. Und auch ich muss mir nach einem Blick über die Schulter das Lachen verkneifen. Denn Oi hat es irgendwie geschafft, so unglücklich über einen Stuhl zu stolpern, dass sie Kopfüber unter einen Tisch gefallen ist und sich dabei die Beine vom Stuhl, dem Tisch und Oi zu einem Wirrwarr mit zehn Beinen verkanntet haben. Während ich Oi aus dem Stuhl befreie fragt Talandrion den zahnlosen Alten, ob er uns nach Sarasota führen kann. Dieser ist grundsätzlich dazu bereit, weist aber darauf hin, dass wir zu viert und mit Sassaia ein zweites Boot und somit auch einen zweiten Führer brauchen. Seine Enkelin Cilla könnte wohl einspringen, aber das ganze würde kein billiger Spass: fünf Silber pro Tag sowie Verpflegung für beide.

Wie schnell sich doch die Zeiten geändert haben. Noch vor zwei Monaten hätte ich es als teuer empfunden und versucht den Preis runter zu handeln. Heute, wo ich weiss wie teuer all die Sachen aus der Stadt sind, da denke ich, dass es nur fair ist. So willigen wir ein und gehen früh zu Bett, denn Narim will schon in der Morgendämmerung los, damit wir nicht in der heissesten Tageszeit reisen müssen.

18. Wynarn
Nach einer kurzen Einführung und der dringenden Warnung, nie das Wasser zu berühren, geht es bereits los. Und auch wenn bereits früh am Morgen die Hitze und vor allem die Feuchte unerträglich ist, so hat diese Sumpflandschaft ihren ganz speziellen Reiz und ich geniesse die ruhige Fahrt.
Nach drei Stunden erreichen wir aber bereits das Dorf Sarasota, welches auf einer kleinen Insel inmitten des Sumpfes liegt. Etwas mehr als ein Dutzend Pfahlbauten sind dicht zusammengedrängt, um noch ein wenig Platz für kleine Gärten zu lassen. Als wir mit den beiden Booten anlegen, werden wir bereits ungeduldig von einer Kinderschar erartet. Auf dem Weg zum Dorf fragen sie uns aufgregt Löcher in den Bauch, erzählen was von einem Aligator, berühren ungläubig das grosse Krummschwert von Oi, bestaunen Talandrions Tätowierungen und drücken sich etwas unschlüssig um Sassaia herum.
Wie sehr mich hier doch alles an Nibussaia erinnnert. Der Dorfplatz, das Versammlungshaus, die Kinder, das einfache Leben. Ein Jahrhundert lang sah so meine Welt aus, und nun wirkt es auf mich plötzlich so klein und eng. Aber auch friedlich und fern ab von Politik, Schurken und Attentäterinnen.


Neite Hunon

Jedenfalls sprechen wir beim Hugan, dem Schamanen des Dorfes, vor und erklären ihm, dass wir zum ehemaligen Anwesen von Anton Misroi wollen. Der Hugan heisst Neite Hunon und rät uns dringend von der Weiterreise ab, denn noch nie ist jemand von dem Ort zurückgekehrt. Auf diesem Ort liegt sowohl der Fluch von Maman Brigitte, der Miste des Todes und der Ruhe, als auch von Baron Samdi, des Miste des Todes und des Schweideweges. Und selbst am Tage würden N'Zumbes, lebende Tote, an jenem Ort umher wandeln. Als Neite jedoch erkennt, dass er uns nicht von der Weiterreise abhalten kann, bietet er uns an, für jeden von uns bis zum nächsten Morgen ein Grigri zu erstellen, einer Art Talisman, der uns vor den Untoten schützen kann. Wir nehmen dieses Angebot natürlich dankend an. Den Rest des Tages verbringt jeder damit, die Gastfreundschaft so gut es geht zu erwidern. Talandrion unterhält die Kinder mit kleineren Zaubertricks, ich helfe Alu'a, einer Frau aus dem Dorf, in ihrem Garten und Oi - nun ja, Oi unterhält ihre Ausrüstung.
Am Abend kommt denn der Lehrling des Hugans bei uns vorbei und holt von jedem ein wenig Blut und ein paar Haare, damit Neite die Grigri erstellen kann. Danach bereiten wir im Gemeinschaftshaus unser Lager aus.

19. Wynarn
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf und erhalten vom Hugan je ein Grigri. Danach einigen wir uns mit Narim darauf, ihm 100GM als Garantie für die beiden Boote zu hinterlegen. Offensichtlich glaubt er, dass wir und somit auch die Boote nicht mehr von der verfluchten Plantage zurückkehren werden. Der Betrag scheint mir zwar etwas gar viel für zwei so kleine Boote. Andererseits sind die beiden Boote sein grösster und wichtigster Besitz, ist man hier im Sumpf doch ohne sein Boot ein Niemand, der weder für seinen Unterhalt noch für seine Nahrung sorgen kann.
So paddeln wir los, und ich leite die Gruppe anhand der Beschreibungen von Narim durch den Sumpf. Schon bald passieren wir eine einsame Hütte, was bedeutet, dass wir auf dem rechten Weg sind. Und nach einer Stunde treffen wir wieder auf Festland und sehen auch die ersten verwitterten Pfosten, welche laut Neite Hunon das ganze verfluchte Anwesen umschliessen. Die Pfosten sollen zum einen Fremde vor den Gefahren warnen und vor allem die NZumbes daran hindern das Anwesen zu verlassen. Neugierig betrachten wir die Zeichen und Schnitzereien, welche auf den verwitterten Pfosten kaum mehr zu erkennen sind. Wir fragen uns, wie lange die Schutzzauber die Untoten noch abhalten können oder ob sie überhaupt noch wirken. Und doch trichtern wir Oi auf's schärfste ein, ja nicht zu nahe an solch einen Pfosten zu gehen. Mit ihrem Fluch würde sie wohl über einen stolpern und ihn zu Fall bringen oder sonst etwas Dummes tun.
So vertäuen wir die Boote etwas entfernt vom nächsten Pfosten und gehen dann vorsichtig und mit einem unguten Gefühl durch den Dschungel. Ich gehe dabei etwas voraus und versuche den besten Weg zu finden, während Oi hinter mir eine Schneise der Verwüstung in den Unterwuchs schlägt. Wir hätten auch gleich eine Blaskapelle mitnehmen können, aber ich glaube sowieso nicht daran, dass wir unbemerkt in das Anwesen rein und wieder raus kommen. Und schon bald wird der Wald immer lichter und dann überqueren wir die inzwischen wieder verwilderten und überwucherten Felder der Plantage. Es dauert nur ein paar Minuten und wir entdecken auf einer kleinen Anhöhe die zerfallene Ruine der Plantage. Wie die Finger einer Skeletthand ragen Mauerreste in den Himmel, als ob ein riesiger NZumbe nach dem Himmel greife.

Nach einem ersten zögerlichen durchstreifen der Ruine werden wir etwas zuversichtlicher - zumindest was die Nzumbes betrifft, bleibt doch alles ruhig. Doch die Ruine ist nicht nur ausgebrannt und eingefallen sondern auch vom Dschungel überwuchert. So suchen Talandrion und ich nach einer magischen Aura, um den Madamanten zu finden. Ich bezweifle jedoch schwer, dass das Schmuckstück in der Ruine liegt. Oder wenn, dann noch am ehesten im oberen Stock, wo wohl auch die Schlafzimmer der Besitzer lagen. Und so klettern wir in den oberen Stock, müssen in den baufälligen Ruinen jedoch sehr vorsichtig vorgehen. Einzig Oi scheint wieder einmal bar jegicher Sinne zu sein, klettert sie doch plötzlich einen Mauerresten hoch, welcher eindeutig alles andere als stabil ist. Ich warne sie, dass das halbe Anwesen einstürzen könnte, wenn sie noch weiter hinauf klettert. Doch sie scheint die Gefahr nicht zu sehen und will unbedingt noch weiter hinauf klettern um die Umgebung zu betrachten. Erst nach langem hin und her kann ich sie zur Umkehr bewegen, und was tut sie darauf hin? Sie springt von der Mauer auf den brüchigen und bereits halbwegs eingebrochenen Oberstock hinunter. Und wie könnte es auch anders kommen, als dass unter ihrem Gewicht die ganze Decke einstürzt. Und hätte sie sich in ihrer Dummheit einfach selber den Hals gebrochen, sie hätte es wohl verdient. Aber nein, sie muss uns ja alle mit in die Tiefe reissen. Geistesgegenwärtig können Sassaia und ich uns mit einem Satz einigermassen in Sicherheit retten und werden nur von einigen Mauersteinen getroffen, obwohl ein grosser Teil der Ostseite des Hauses ist mit grossem Getöse eingebrochen ist. Hustend wanken wir durch den aufgewirbelten Staub und rufen nach Talandrion und Oi, doch die beiden scheinen unter den Trümmerteilen begraben zu sein. Nach einigen bangen Sekunden höre ich die erstickten Rufe von Oi, während ich vom Halbelfen kein Lebenszeichen entdecke. Voller Sorge beginne ich zuerst Oi auszugraben, während Sassaia meine Aufforderung, nach Talandrion zu suchen, nicht so recht zu verstehen scheint. Es kostet mich grösste Anstrengungen, die grossen Mauerreste weg zu schieben, unter welchen ich Oi vermute. Doch dann kommt plötzlich ein Arm und bald darauf der Rest der Halborkin zum Vorschein, und kurz darauf kann ich sie aus dem Schutt herausziehen. Glücklich und Dankbar umarmt sie mich überschwenglich, und irgendwie kann ich ihr da nicht mehr böse sein, obwohl ich ihr am liebsten links und rechts eine gescheuert hätte für ihr dummes Verhalten. Aber dafür haben wir keine Zeit, denn Talandrion ist ja noch immer irgendwo unter den Trümmern. Doch nach einigen bangen Augenblicken glaube ich unter einem Mauerstücken ein Teil seines Umhanges zu erspähen, und auch Sassaias freudiges Schnuppern an der Stelle bestätigt mich. Und nachdem ich einen ganzen Mauerblock den Schutthang hinunter gestossen habe, kann ich Talandrion aus den Mauerresten bergen. Er ist jedoch in einem sehr schlechten Zustand und scheint nur knapp mit dem Leben davon gekommen zu sein. Er muss sich schwer auf mich stützen und ein Fuss scheint lädiert oder gar gebrochen zu sein.


Das Trugbild von Selinaya Duvall

Doch bevor ich Talandrion heilen und Oi für ihr bescheuertes Verhalten die Leviten lesen kann, wird es plötzlich gespenstisch ruhig. Und aus der Stille erhebt sich zuerst ganz leise, aber dann immer lauter das Wehklagen einer Frau. Das Schluchzen und Weinen wabert vom Moor her durch die Stille zu uns hinüber und lässt mir die Haare zu Berge stehen. Und während alle instinktiv einen Schritt zurück machen, läuft Oi wie benommen auf die Quelle des Wehklagens zu und scheint nicht einmal zu erahnen, dass sie direkt auf ihr Verderben zu geht. Ich rufe ihr vergeblich zu dass sie auf uns warten soll, und erst als Talandrion ihr humpelnd hinterher geht und sie aus voller Kehle anschreit, hält sie kurz Inne. Doch auch dies scheint sie nicht wirklich von ihrer Idee ab zu bringen, dass sie der armen schreienden Frau helfen muss, und so sehe ich keine Chance als sie mit einer deftigen Ohrfeige aus ihrer Trance zu reissen. Und tatsächlich, Oi hält nun an - wenn auch nur um mit ihrem riesigen Krummschwert nach mir zu hacken. Nur mit knapper Müh und Not kann ich diesen unerwarteten Schlag mit dem Schild abfangen, doch die Wucht des Schlages wirft mich beinahe zu Boden und der Schmerz sticht wie eine heisse Nadel in meinen Schildarm. Ich weiss nicht, ob ich einen weiteren Schlag hätte abwehren können, doch die Halborkin hat sich bereits wieder der Stimme zugewandt. Und nun sehe auch ich Quelle des Wehklagens. Eine Frau, so schön und anmutig wie ich sie noch nie zu Gesicht bekommen habe, schwebt auf dem Wasser und weint voller Trauer vor sich hin. Und bei ihrem Anblick kann ich plötzlich verstehen, dass Oi ihr Helfen will, auch wenn ich weiss, dass für sie jede Hilfe zu spät kommt. Denn die Frau ist mit Sicherheit Selinaya Duvall, oder zumindest ihr Bildnis. Und noch während wir Oi zum Umkehren bewegen wollen, verschwindet die schöne Erscheinung und an ihrer Stelle steht eine hässliche, entstellte Untote. Und so plötzlich wie sie erschienen ist, schwebt sie auf Oi zu und ist dann auch schon wieder verschwunden.


Selinaya Duvall's Geist

Aber während Talandrion und ich uns noch verwirrt anblicken, läuft Oi bereits auf das schlammige Sumpfwasser zu. Ohne ein Wort zu verlieren beginnt sie ins Moor hinaus zu waten und versinkt innert kürze Hüfttief. Erst jetzt erahnen wir zwei, was Oi oder das Wesen vor hat und versuchen sie aufzuhalten. Doch als ich sie zu packen versuchen, schlägt Oi wieder mit dem Schwert nach mir und fügt mir eine hässliche Wunde auf der linken Schulter zu. Hätte Talandrion mich nicht geistesgegenwärtig mittels Magie von ihr weggezaubert, sie hätte mich wohl erschlagen. So jedoch kann ich mich zwar heilen, aber unterdessen versinkt Oi immer tiefer im Moor. Talandrion ruft mir zu, ich solle ihm dabei Helfen eine Liane abzuhacken - als ob wir damit eine Selbstmörderin aus dem Sumpf ziehen können, welche zu allem übel auch noch ein Schwert in der Hand hält. Und so stürze ich mich wieder in den Sumpf und versuche Oi zu packen. Die gelingt mir zwar und ich kann sie ein wenig aus dem Moor hinaus ziehen. Doch sie wehrt sich stumm dagegen und kurz darauf entgleitet sie mir wieder aus meinem Griff und sinkt zurück in ihr nasskaltes Grab. Und bevor ich sie wieder packen kann ist ihr Kopf auch schon unter dem Schlamm verschwunden. Voller Wut und Ärger stürze ich mich wieder auf sie! Ich lass diesen Dickschädel sicherlich nicht vor meinen Augen ertrinken. Doch der Schlamm ist so zäh und ich kann sie zuerst nicht erspüren, und als ich sie in dem Schlamm endlich ertasten und schlussendlich ergreifen kann, da ist ihr Körper bereits schlaff. Mit einem Aufschrei packe ich sie mit beiden Pranken um ihren Brustkorb und reisse mit aller Kraft, und auch Talandrion hilft mir mit vor Anstrengung weit aufgerissenen Augen. Selbst Sassaia scheint so aufgeregt, dass sie uns wild anfaucht.
Ich glaube bereits, dass wir sie nicht mehr aus dem Sog des Moores befreien können, doch schlussendlich können wir sie mit einem schlürfenden Geräusch aus dem kalten Moor ziehen. Besorgt wische ich ihr den Schlamm aus dem Gesicht, doch die Lippen sind bereits blau und braunes Moorwasser quillt ihr aus dem Mund. Mir schwant das Schlimmste und ich lege ihr von hinten meine Arme um das Becken und versuche mit einem Rückengriff das Wasser aus ihren Lungen zu pressen. Und nach viel Schlamm und Wasser beginnt sie zu unser aller Erleichterung tatsächlich wieder zu atmen. Doch verschnaufen kann keiner von uns, denn da taucht auch schon wieder der untote Geist von Selinaya Duvall auf. Und diesmal scheint sie nicht alleine zu sein, denn mit ihr entsteigt eine ganze Schar von Untoten aus dem Sumpf. Uns ist sofort klar, jetzt können uns nur noch die Boote oder viel mehr die Bannpfähle vor der Rache Selinayas retten. Und so nehmen wir die Beine unter die Arme und stürzen davon. Aber während wir die Untoten auf Distanz halten können, werden wir immer wieder von Selinayas Geist attackiert. Immer wieder greift sie nach uns und mehr als einmal spüre ich, dass ich ihren Geist nur mit allergrösster Mühe aus meinem fernhalten kann. Und so rennen wir wie verrückte durch den Dschungel, und ein Aufschrei der Erleichterung entfährt unseren Kehlen, als wie endlich den Ring der Bannpfosten hinter uns lassen. Und tatsächlich ist auch plötzlich der Geist Selinayas verschunden, und so fallen wir um Atem ringend zu Boden wo wir gerade stehen. Erst nach einigen Minuten raffen wir uns einen nach dem andern auf und kümmern uns um unsere Wunden und vor allem um Oi. Und während wir so dasitzen und darüber sprechen, möglichst rasch möglichst Weit von hier weg zu kommen, ruft Talandrion plötzlich wild aus: ' "Das verfluchte Arsch! Neite hat uns hintergangen!" '



Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Die Wächter auf der Insel sind mit einem Bannzauber versehen, während unser Gri-Gris jedoch einen Zauber der Schule der Vorhersehung beherbergen. Mein Gri-Gri muss ich verloren haben, als ich unter den Trümmern des zusammenstürzenden Reste des Misroi-Anwesens begraben worden bin. Ich habe es damals zwar realisiert, als Elavrin mich geheilt hat, aber da gleich darauf der Kampf mit dem Geist von Selinaya losbrach, wurde diese Tatsache wieder aus meinen Gedanken verdrängt. Erst jetzt, nachdem wir einigermassen in Sicherheit sind, fällt mir auf, dass der Geist mich während der ganzen Auseinandersetzung ignoriert hat. Obwohl ich der einzige war, der ihm Schaden zugefügt hat und ich bei unserer wilden Flucht über die Insel der Langsamste war, griff er nur meine Gefährten an, welche alle noch ihr Gri-Gri trugen. Das kann nur bedeuten, dass Neite uns belogen hat, was die Wirkung des Gri-Gris angeht und dass er uns mit Hilfe des Geistes von Selinaya Duvall töten wollte. Als ich meinen Gefährtinnen dies mitteile, wird auch ihnen klar, was hier läuft. Oi reisst ihr Gri-Gri vom Hals und schmeisst es über die unsichtbare Schutzmauer, welche die Wächter bilden, während Elavrin das Gri-Gri von Sassaia abnimmt, zerbricht und in dem Sumpf entsorgt. Ihr eigenes Gri-Gri vergräbt sie schliesslich unter einer Markierung am Ufer, nachdem sie vergeblich versucht hat, es zu identifizieren.

Wir einigen uns schliesslich, die Insel zu verlassen und zu der einsamen Hütte zurückzupaddeln, welche wir auf dem Weg hierhin passiert haben. Dort lebt angeblich Marie Claman, eine Sammlerin der Dorfgemeinschaft von Sarasota. Warum sie abseits des Dorfes lebt, wissen wir zwar nicht, doch wir hegen die Hoffnung, dass es etwas damit zu tun hat, dass sie mit den Machenschaften des Hugans von Sarasota nicht einverstanden ist. Zudem haben wir keine andere Wahl. Auf der Insel hier bleiben will niemand und in unserem jetzigen Zustand ins Dorf zurückzukehren ist auch nicht all zu schlau, wenn wir davon ausgehen, dass Neite uns tot sehen will.

Kurz nachdem wir abgelegt haben, spreche ich Elavrin auf Elfisch auf die Geschehnisse im Kampf gegen den Geist an. Wenn mir mein Verstand nicht einen üblen Streich gespielt hat, hat sich die alte Elfin in ein wildes Tier verwandelt, um Oi es dem Sumpf zu ziehen. Ich habe schon von Tiermenschen gelesen, ich glaube man nennt sie auch Lycantrophen, welche sich in der Nacht bei Vollmond in mordlustige Bestien verwandeln, aber Elavrin machte mir nicht einen solchen Anschein... und zudem geschah es weder bei Nacht noch bei Vollmond, sondern am helllichten Tag. Auf meine Frage erläutert sie mir, dass die meisten Druiden früher oder später in der Lage seien, eins mit der Natur zu werden und ihre Gestalt in die eines Tieres zu ändern. Sie behalte aber dabei ihren eigenen Verstand bei und werde nicht zu wilden Tieren. Ich frage sie noch ein wenig weiter über ihre Fähigkeiten aus, doch sie scheint selber nicht gänzlich zu wissen, was alles möglich ist und was nicht. Sie verrät mir, dass es für sie das erste Mal gewesen sei, dass sie ihre Gestalt gewechselt habe und dies sei nicht bewusst passiert, sondern aus der Notwendigkeit heraus, die Orkin vor dem Ertrinken zu bewahren.
Wir paddeln weiter und plötzlich ruft Elavrin, dass wir umkehren müssen. Sie habe soeben an der Stelle, an der sie das Gri-Gri vergraben habe eine Gestalt mit dunklen Haaren und durchaus eleganter, aber irgendwie altmodischer Kleidung stehen sehen. Die Gestalt habe sie mit hasserfüllten Augen angestarrt und sei denn plötzlich verschwunden. Wir kehren sofort um, doch als wir bei der Insel ankommen, ist niemand mehr zu sehen. Wir finden auch keine Spuren irgendwelcher Art, müssen aber feststellten, dass die beiden Gri-Gris, die wir zurückgelassen haben, verschwunden sind. Mit einem mulmigen Gefühl brechen wir schliesslich erneut auf, in der Hoffnung, von der Bewohnerin der einsamen Hütte Antworten auf unsere Fragen zu bekommen.

Nach etwa einer Stunde kommen wir bei der Hütte an. An der Anlegestelle ist kein Boot zu sehen, aber wir können den Rauch einer Kochstelle riechen. Wir vertäuen unsere Boote und betreten die Insel. Auch hier hat es von diesen Wächter-Pfosten und als wir sie passieren, spüre ich plötzlich ein Kribbeln auf der Stirn. Gleichzeitig sehe ich bei meinem Gefährtinnen, sogar bei Sassaia, wie sich auf ihren Stirnen ein Mal aus dunklen Linien manifestiert. Was auch immer das zu bedeuten hat, gut kann es nicht sein. Mit Hilfe meiner magischen Fähigkeiten kann ich das Mal auf Elavrins Stirn soweit identifizieren, als dass es sich um eine Art arkanes Mal handelt, welches durch das Passieren der Wächter auf dieser Insel sichtbar gemacht worden ist. Wer oder was uns markiert hat, erschliesst sich mir allerdings nicht. Wir gehen weiter in Richtung der Hütte auf Holzstelzen, als sich uns plötzlich eine Halblingsdame mit einem Blasrohr in der Hand in den Weg stellt. Sie beäugt uns misstrauisch als sie die Male auf unserer Stirn erblickt. Oi plappert sofort drauf los und erzählt unzusammenhängende Teile der Geschehnisse. Als auch noch Elavrin mit einsteigt und auf die Halblingin einredet, bleibt diese wachsam stehen und schweigt. Ich versuche die Situation ein wenig zu entspannen und entschuldige mich für das Eindringen auf der Insel und stelle mich und meine Gefährten vor. Ich erkläre ihr grob, weshalb wir hierhergekommen sind und dass wir gerne mit Marie Claman sprechen würden. Schliesslich entspannt sich unsere Gegenüber ein wenig und deutet mit dem Blasrohr auf die Stelle, auf der wir stehen und verschwindet wieder in der Hütte. Ein wenig ratlos bleiben wir stehen und warten was als nächstes passiert. Als wir nach zehn Minuten immer noch wie bestellt und nicht abgeholt dastehen, macht Elavrin zwei Schritte nach vorne, worauf sofort die Halblingin wieder mit dem Blasrohr in der einen und einem Messer in der anderen Hand wieder auftaucht. Auf die Frage, ob wir hier solange warten sollen, bis Marie Claman zurückkehrt, nickt sie nur. Weiter können wir ihr noch entlocken, dass Marie bei Einbruch der Dämmerung zurückkehren solle. Da wir immer noch Vormittag haben, setzen wir uns hin und warten darauf, dass der Tag vorbei geht. Nach den Geschehnissen des Morgens ist meine Laune nicht gerade auf einem Höhepunkt und das Warten zerrt an meinen Nerven. Ich nerve mich gewaltig über Oi und ihre ungestümen Aktionen in letzter Zeit. Trotzdem ihr bewusst ist, dass Morrigans auf ihr lastet, fordert sie das Schicksal ein ums andere Mal heraus. Es scheint, als ob sie keinen Gedanken an die Konsequenzen ihres Handelns verschwendet und dass sie durch ihre Aktionen nicht nur sich, sondern auch uns wieder und wieder unnötig in Gefahr bringt.

Als endlich die Dämmerung hereinbricht dauert es nicht mehr lange, bis wir ein Boot wahrnehmen, welches an der Anlegestelle ankommt und dort festgemacht wird. Ungeduldig warte ich, bis die Frau zu uns hoch kommt. Marie Claman ist eine Menschin von dunkler Hautfarbe, welche ihr Haar zu Rastas geflochten trägt. Sie scheint nicht gerade erfreut, uns hier auf der Insel zu sehen und mustert uns aufmerksam. Ich begrüsse sie höflich und stelle mich sowie meine Begleiterinnen vor. Bevor ich allerdings überleiten kann, weshalb wir uneingeladen ihre Insel betreten haben, fällt Oi mir ins Wort und erzählt wie am Morgen schon bei der Halblingin lose zusammenhängend von den Geschehnissen, welche uns dazu gebracht haben, sie aufzusuchen. Marie hört sich das Ganze an und gibt uns Auskunft darüber, dass die Male auf unserer Stirn Fluchmale der Maman Brigitte seien. Abgesehen davon zu bezeugen, dass wir auf der verfluchten Insel des Anton Misroi herum gestiefelt sind, hat das Ding angeblich keinen Effekt. Ich bin davon jedoch nicht so gänzlich überzeugt. Zwar versuche ich, nicht übermässig misstrauisch und paranoid zu sein, doch schon einmal hätten wir beinahe mit dem Leben gebüsst, weil wir einem Sumpfbewohner blindlings vertraut haben. Als ich Marie über Neite Hunon befrage, winkt sie uns, ihr in die Hütte zu folgen und mit ihnen zu Abend zu essen. Die stumme Halblingin, welche uns als Ina Nel vorgestellt wird, tischt ein einfaches Abendessen auf. Der Eintopf schmeckt nicht schlecht, aber für meinen Geschmack ein wenig zu fremd, um wirklich köstlich zu sein. Während des Essens unterhalten wir uns höflich über oberflächliche Themen, doch ich kann es kaum erwarten, endlich wieder auf den Hugon von Sarasota und seine Machenschaften zu sprechen zu kommen. Als wir das Abendessen endlich beenden erzählt Elavrin nochmal ausführlich, was wir alles erlebt haben. Im Gespräch mit der Sammlerin erfahren wir, dass Neite Hunon über Fähigkeiten verfügt, die ein normaler Hugan nicht haben sollte. So ist er beispielsweise in der Lage Gri-Gris alleine herzustellen und nicht wie üblich im Rahmen eines Rituals, welches besser gelingt, je mehr Personen daran teilnehmen. Des Weiteren finden wir heraus, dass der Lehrling von Hunon Maries Sohn ist, welchen er ihr weggenommen hat, um ihn auszubilden. In Ihrer Familie habe es schon immer Hugans und Mambos gegeben und auch ihr Sohn habe die Gabe, dieses Handwerk zu erlernen. Sie sei nicht in der Lage gewesen, sich gegen die Wegnahme zu wehren und vom Dorf habe sie auch keine Unterstützung erhalten. Schliesslich habe sie sich entschlossen, ihren Sohn zurückzulassen und ausserhalb des Dorfes, weg von Neite Hunon zu leben. Meine Gefährtinnen sind schockiert darüber, dass niemand etwas gegen diese Ungerechtigkeit getan hat und würden Marie gerne helfen, doch haben andere Dinge im Moment Priorität.

Im Weiteren Verlauf des Gespräches erfahren wir, dass die Möglichkeit besteht, Miste in einem Ritual anzurufen und mit ihnen zu verhandeln. Dazu bräuchte man allerdings einen lebenden Körper als Gefäss, durch den der Miste sprechen kann. Marie bietet uns an, ein solches Ritual durchzuführen, damit wir mit Maman Brigitte in Kontakt treten können um allenfalls von ihr direkt Antworten auf unsere Fragen zu bekommen. Wir zögern nicht lange und nehmen das Angebot dankend an. Da aber jedoch nur einer Person erlaubt sein wird, mit der Miste zu sprechen, erkläre ich mich bereit dies zu übernehmen. In der Regel macht es mir nichts aus, mit anderen Wesen in Kontakt zu treten und ich denke ich kann von mir behaupten, nicht auf den Mund gefallen zu sein, aber mit einer göttlichen Entität von Angesicht zu Angesicht zu sprechen ist doch eine ganz andere Nummer. Meine Nervosität versuche ich so gut wie möglich zu verbergen, aber ich glaube die anderen sind zu sehr abgelenkt, um mir etwas anzumerken. Marie bietet uns überdies noch an, Gri-Gris herzustellen, die uns diesmal effektiv schützen sollen. Wie schon am Tag zuvor bei Neite Hunon geben wir schliesslich jeweils etwas Blut und Haar und Marie rollt diese Zutaten in vier separate Wachskugeln ein und näht diese anschliessend in vier kleine Puppen. Mir ist ein wenig mulmig zumute bei der Prozedur, da ich immer noch nicht sicher bin, ihr vertrauen zu können. Vielleicht bringt ja das anstehende Ritual ein wenig Licht ins Dunkel, denn abgesehen von ein paar Spekulationen habe ich keine Ahnung was hier eigentlich los ist. Wir besprechen noch, was für Fragen wir an Maman Brigitte stellen wollen und ich lege mir diverse Fragestellungen zurecht. Da aber keiner von uns genau weiss, wie das Gespräch mit der Miste ablaufen wird, muss ich dann wohl improvisieren, wenn es so weit ist. Als Marie bereit ist, folgen wir ihr hinter ihre Hütte, wo die Halblingin bereits wartet. Ina beginnt auf einem paar Trommeln einen Rhythmus zu spielen. Während wir neugierig und gespannt zuschauen, verbrennt Marie diverse Kräuter in einem Feuer und beginnt im Takt der Trommeln zu tanzen. Der Rauch des Feuers steigt nicht wie gewöhnlich zum Himmel, sondern beginnt um uns herum zu wabern. Es dauert nicht lange und sowohl meine Gefährtinnen als auch ich beginnen ebenfalls im Rhythmus der Melodie mitzuklatschen, zu stampfen und zu tanzen. Die Welt um uns herum verschwindet zusehends im wabernden Rauch und plötzlich sehe ich einen hochgewachsenen jungen Mann aus dem Schatten treten. Weder Oi noch Elavrin scheinen ihn bemerkt zu haben, zumindest reagieren sie nicht auf ihn. Anfangs bin ich mir unsicher, aber als ich in seine violetten Augen schaue, wird mir bewusst, dass ihn sehr gut kenne, vielleicht sogar besser als irgend ein anderes Wesen auf dieser Welt. Er gesellt sich zu mir und zusammen tanzen wir zu der getrommelten Melodie der Halbingin. Nur zu gut bin ich mir bewusst, dass er tot ist und es zerreisst mich schier innerlich, weil mir sein Name nicht einfallen will, egal wie sehr ich darüber nachdenke. Mit einem Mal bewegt sich mein Freund weg und auf es sieht so aus, als werde sein Körper von dem von Marie aufgesogen. Verwundert starre ich sie an und sie schaut fragend zurück. Es dauert einen Moment, bis ich realisiere, dass mittlerweile auch die Musik aufgehört hat. Ich räuspere mich und bitte Maman Brigitte so höflich als möglich, meine Fragen zu beantworten. Ich scheine einigermassen den richtigen Ton getroffen zu haben, da sie mir gewährt, drei Fragen zu stellen. Als Gegenleistung willige ich dafür ein, dass ich mit meinen Gefährtinnen eine Nacht auf der verfluchten Insel verbringen werde. Ich überlege kurz wie ich die erste Frage formulieren soll und im selben Moment, als ich sie zu Ende gestellt habe, könnte ich mir selber in den Hintern treten, denn die Antwort auf die Frage, ob sich der Madamant, der sich einst im Besitz von Selinaya Duvall befand, immer noch auf der Insel befindet, lautet schlicht „nein“. Um meinen Fehler wieder gutzumachen frage ich nach, wo sich besagter Madamant im Moment befindet. Maman Brigitte gibt zur Antwort, dass der Madamant sich momentan in Sasserine befinde und zwar im Besitz von Calin Navarr, welcher zur aktuellen Stunde gerade in der Oper sitze. Überrascht sowohl über die Genauigkeit der Antwort, als auch deren Inhalt, frage ich schliesslich als letztes, wie wir tun können, um den Machenschaften von Neite Hunon Einhalt zu gebieten. Die Miste antwortet, dass wenn wir den Diener des Baron Samedi töten, uns der Bokorr alleine entgegen treten müsse. Nachdem meine drei Fragen beantworten worden sind, verschwindet die Miste zu meinem Erstaunen nicht augenblicklich und so nutze ich die Chance und frage sie, wie genau wir unser Opfer für sie erbringen sollen, respektive was sie damit erreiche möchte, dass wir eine Nacht auf der Insel verbringen. Sie gibt an, dass wir in der Nacht die Möglichkeit haben werden, einer gequälten Seele die ewige Ruhe zu gewähren. Sie selber sei alleine nicht in der Lage, da Baron Samedi seine Finger im Spiel habe. Ich denke uns allen ist klar, wer mit der gequälten Seele gemeint ist. Bevor Maman Brigitte den Körper von Marie verlässt, berührt sie noch jeden von uns an der Stirn und bringt so ihr Fluchmal zum Verschwinden. Als Marie plötzlich bewusstlos zusammensackt, fange ich sie reflexartig auf und lege sie auf den Boden, wo sie nach wenigen Augenblicken wieder die Augen öffnet. Nachdem sie sich weit genug erholt hat, um wieder auf eigenen Beinen zu stehen, teilen wir ihr mit, was bei dem Gespräch mit der Miste herausgekommen ist, da sie anscheinend davon nichts mitbekommen hat. Anschliessend bespreche ich mit meinem Mädels noch das weitere Vorgehen. Wir einigen uns schliesslich darauf, in der nächsten Nacht unser Opfer auf der Insel zu erbringen und uns erst im Anschluss um den Hugan von Sarasota zu kümmern.

Bevor wir uns schlafen legen, spreche ich noch mit Marie darüber, wie man dem Geist von Selinaya am besten Frieden verschaffen kann und sie meint, es komme darauf an, warum ihr Geist ruhelos und noch hier sei. Es gelte herauszufinden, was den Geist an unsere Ebene binde und diesen Missstand aufzuheben. Die Gründe könnten vielfältig sein, so könnten sich zum Beispiel ihre Überreste am falschen Ort befinden, oder es könne ein Versprechen sein, welches sie zu Lebzeiten gegeben habe aber nicht mehr einzuhalten in der Lage gewesen sei oder dass sie im Moment des Todes ihrem Mörder Rache geschworen habe und so lange keine Ruhe findet, bis er das Zeitliche segne. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als auf der Insel nach einer Lösung zu suchen.
Obwohl ich müde bin, kann ich kaum einschlafen. Oi gibt wieder irgendwelche unqualifizierten Kommentare ab und ich murre sie ein wenig heftiger an, als ich eigentlich will, aber die Worte sprudeln einfach aus mir raus und früher oder später muss ich meinem Ärger Luft verschaffen. Ich werfe der Halborkin an den Kopf, wie unüberlegt und dumm sie in letzter Zeit handelt, obwohl sie von dem Fluch weiss und dass es mit jedem Tag schlimmer zu werden scheint. Ich halte ihr vor, dass sie mich durch ihr Handeln heute beinahe getötet hätte und sie selber dem Tod sogar zweimal nur knapp entronnen ist. Ich staune ehrlich nicht schlecht, als sie darauf keine Ausrede, Rechtfertigung oder schnippische Antwort parat hat, sondern tatsächlich zu begreifen scheint, dass es so nicht weitergehen kann. Elavrin kommt schliesslich noch auf die Idee, Oi zu untersuchen und tatsächlich kann sie feststellen, dass Ois Verstand irgendwie getrübt ist, schätzungsweise durch den Fluch.

20. Wynarn
Da wir die kommende Nacht auf der Insel verbringen müssen, nutzen wir den Tag, um uns von den vergangenen Strapazen zu erholen. Oi fragt noch bei Marie an, ob diese ihren angegriffenen Verstand mit magischen Mitteln zu heilen in der Lage ist, doch leider ohne Erfolg. Ich widme meine Aufmerksamkeit ein weiteres Mal dem Kartsenset, welches mir überreicht worden ist. Noch immer verstehe ich die Bedeutung dahinter nicht, doch muss ich ein wenig Schmunzeln, als ich die Karte studiere, welche ich vergangenen Tags aus einer Laune heraus vor dem Aufbruch auf die Insel gezogen habe: „Die versteckte Wahrheit“. Ein passenderes Motto hätte der gestrige Tag kaum haben können. Behutsam mische ich die Karte zurück und schliesse die Augen. Ich versuche mich auf das Kartenset und unsere kommende Aufgabe einzustimmen und ziehe blindlings eine der Karten: „Die Krähen“. Ratlos schaue ich mir das Motiv an, habe aber keine Ahnung, was die Bedeutung dieser Karte sein soll... ich sollte es noch früh genug herausfinden.

Schliesslich brechen wir gegen Abend zur Insel auf und ich verspreche Marie, dass wir morgen zurückkommen und uns dann um Neite Hunon kümmern werden. Auf der Insel angekommen passieren wir den Ring aus Wächtern und begeben uns zu den Überresten des eingestürzten Anwesens. Von da gehen wir weiter zu der Stelle, wo wir am Tag zuvor auf den Geist von Selinaya gestossen sind. Oi fischt mit der Hilfe von Elavrins Sense ihr magisches Schwert aus dem Sumpf. Da sich sonst nichts rührt, erkunden wir eine Reihe von kleinere Gebäuden in der Nähe des Anwesens, werden aber nicht fündig. Kaum sind wir beim Hauptgebäude zurück, vernehmen wir ein uns bekanntes Klagen und Heulen, welchem wir sofort folgen. Schliesslich landen wir wieder an derselben Stelle, wo uns der Geist zum ersten Mal erschienen ist und Oi vorhin ihr Schwert geborgen hat. Im Gegensatz zu gestern, verwandelt sich der Geist von Selinaya Duvall nicht in ein mörderisches Monster, sondern löst sie sich einfach in Luft auf. Nach kurzem hin und her willigt Oi ein, an der Stelle im Sumpf nach den Überresten Selinaya zu tauchen und wird nach mehreren Tauchgängen tatsächlich fündig. Allerdings sind die Überreste nach all den Jahren derart verrottet und zerstreut worden, dass die Halborkin lediglich den Schädel, ein Teil des Beckens und einen Oberschenkelknochen bergen kann. Während Oi am tauchen ist können die alte Elfin und ich beobachten, wie ein einzelner M’Zumbe am Ufer entlang schleicht, uns aber dank unserer Gri-Gris nicht wahrzunehmen scheint.
Nachdem Oi soweit alle auffindbaren Knochen geborgen hat marschieren wir zurück zur Ruine des Anwesens und sammeln auf dem Rückweg Holz ein, um die Überreste zu verbrennen. Die Halborkin scheint jedoch nicht sonderlich von der Idee der Feuerbestattung angetan zu sein und ruft stattdessen Selinaya Duvall an, uns ein Zeichen zu geben, doch nichts passiert. Als wir diskutieren, was wir nun tun sollen, verstummt Oi plötzlich und starrt für einen kurzen Augenblick ins Leere. Als wir sie fragen, was los ist, meint sie, sie habe erlebt und gespürt, was Selinaya erlebt habe, wie eine Art lebendige Erinnerung. Zwar beschreibt sie das Erlebte äusserst bildlich, doch ich bin mir nicht sicher, ob ihr Verstand nicht vielmehr komplett die Segel gestrichen hat. Als kurz darauf jedochElavrin von einem ähnlichen Erlebnis, aber einer anderen Erinnerung Selinayas berichtet, werde ich doch neugierig. Und kurz darauf trifft es auch mich und tatsächlich fühlt es sich so an, als erlebe man das, was man durch die Augen Selinayas sieht, am eigenen Leib, so real scheint die Erinnerung. Scheinbar hat sie doch auf Ois Bitte gehört und erzählt uns über ihre Erinnerungen, was sie erlebt hat und wie sie ermordet wurde. Es dauert nicht lange, bis wir aus dem Gesehenen die Geschichte rekonstruieren können und machen zwei erstaunliche Entdeckungen. Der Mann, den Elavrin am Ufer der Insel über ihrem vergrabenen Gri-Gri gesehen hat, ist Paol, ein guter Freund Selinayas, welcher ihr bis zu ihrem Tod zur Seite stand und ebenfalls durch Anton Misroi getötet wurde. Zudem erfahren wir, dass Calin Navarr Selinaya Duvall sowie die anderen im Sumpf Ertränkten mit Hilfe des Madamanten zu Untoten gemacht hat. Viel verblüffender ist allerdings die Entdeckung, dass wir Calin Navarr schon mal in Sasserine persönlich getroffen haben, ohne jedoch zu realisieren, wer er wirklich ist. Wie sollten wir auch. Als wir ihm am Bankett zu unseren Ehren begegnet sind, hat er sich unter dem Namen Emil Dracktus vorgestellt...!

Just nachdem ich die letzte Erinnerung durchlebt und den anderen davon erzählt habe, wanken zahlreiche M’Zumbes in den Lichtschein unseres Lagers, dicht gefolgt von dem untoten Paol. Er verhöhnt uns und droht uns, dass wir und Marie es bereuen würden, einen Fuss auf die Insel gesetzt zu haben. Bevor er uns angreift meint er noch, dass niemand Selinaya befreien könne, dafür hätten sie gesorgt.
Der Kampf verläuft zu Beginn überhaupt nicht zu unseren Gunsten. Obwohl wir dank den Gri-Gris von etwa der Hälfte der M’Zumbes nicht angegriffen werden, stehen sie uns trotzdem im Weg herum und wir müssen viele Treffer einstecken. Auch scheinen die M´Zumbes, welche uns angreifen, wesentlich schneller und agiler zu sein, als diejenigen, denen wir bisher begegnet sind. Oi hiebt wie wild auf Paol ein, doch scheinen ihre Treffer weniger Schaden als sonst anzurichten und zu allem Übel schliessen sich seine Wunden beinahe augenblicklich wieder. Als ich mich endlich aus dem Pulk befreit habe muss ich ausserdem mit ansehen, wie Oi offenbar durch einen Angriff von Paol gelähmt wird und wie erstarrt dort steht, ohne sich rühren zu können. Während ich versuche mir die M´Zumbes, welche mir gefolgt sind, vom Leib zu halten, lässt Elavrin mit Hilfe ihrer Magie die Pflanzen auf dem Schlachtfeld wachsen, wodurch die restlichen M´Zumbes verstrickt werden. Während die Elfin und Sassaia sich Paol in den Weg stellen, bearbeite ich ihn mit meinen Zaubern. Schliesslich gelingt es mir, dem Untoten Widersacher mit einer flächendeckenden elektrischen Entladung Herr zu werden. Im gleichen Moment als Paol endgültig tot umfällt, befreit sich die Halborkin aus ihrer Lähmung und nachdem nun die grösste Gefahr gebannt ist, machen wir den restlichen M´Zumbes den Gar aus.

Während die alte Elfin sich um die Wunden von Oi kümmert, überkommt mich plötzlich ein Gefühl von Déjà-vu. Ich schaue auf meine durch den Kampf zerfetzte Kleidung herunter und mustere meine blutverschmierten Arme und Hände. Mit einem Mal überwältigt mich die Erinnerung an ein Geschehnis, welches vor meinem Gedächtnisverlust stattgefunden hat. Ich stehe mit blutverschmierten Händen vor einem Haufen toter Körper. Ich erkenne sie wieder. Meine Familie. Meine Freunde. Ihre leblosen Augen starren mich ausdruckslos an. Unter ihnen auch der blonde junge Mann, dessen Geist sich am Abend zuvor beim Ritual zu mir gesellt hat. Sie alle fanden den Tod in einem abscheulichen Blutbad. Ein Blutbad welches ich angerichtet habe. Ich bin für ihren Tod verantwortlich. Die Gewissheit trifft mich wie ein Hammerschlag. Ungläubig starre ich immer noch auf meine blutverschmierten Hände und breche auf die Knie. Mein Magen zieht sich wie ein eisiger Klumpen zusammen und ich erbreche den Inhalt in das Gras vor mir. Ich wälze mich auf den Rücken und starre in den Nachthimmel, unfähig klar zu denken. Immer und immer wieder spielt sich vor meinem inneren Auge diese eine Szene ab. Ich versuche das Gesehene zu leugnen, als Halluzination abzutun, aber in meinem Innersten weiss ich, dass es so passiert ist. Irgendwelche Schemen treten in mein Gesichtsfeld, aber durch die Tränen sehe ich sie nur verschwommen. Weit entfernt höre ich dumpf eine Stimme, als wäre ich in einem Meer aus Watte gefangen. Ich kann die Worte zwar hören, aber deren Sinn nicht verstehen. Wie viel Zeit vergangen ist, bis mein Verstand wieder normal zu arbeiten beginnt weiss ich nicht. Ich hieve mich in eine sitzende Position auf und Elavrin drückt mir einen Wasserschlauch in die Hand. Ich schaue ihr in die Augen und beichte ihr auf Elfisch, dass ich eigenhändig den Tod meiner Familie und meiner Freunde herbeigeführt habe. Sie versucht mich zu trösten, aber nichts was sie sagt, dringt wirklich zu mir durch. Die Elfin führt Oi weg von mir, die immer wieder auf mich einredet, doch von mir ignoriert wird. Hingegen bleibt Sassaia bei mir. Ob aus eigenem Willen oder auf Befehl ihrer Herrin weiss ich nicht, doch bin ich dankbar, dass sie einfach nur da ist. Ich vergrabe meine Hände in ihrem Fell und erzähle ihr irgendwelche unzusammenhängenden Sachen über mich, meine Vergangenheit, meine Zukunft. Sie sitzt ruhig da und schaut mich mit ihren grossen Augen an.

Als ich an diesem Morgen die Karte der Krähen gezogen habe, war mir die Bedeutung nicht klar. Heute weiss ich für was die Krähen stehen. Sie stehen für den gewaltsamen Verlust von dem, was einem Lieb und Teuer ist. Wo sie auftauchen, verbreiten sie nur Leid und Schmerz. Ihre Prophezeihung hätte nicht klarer sein können.
Irgendwann, nachdem ich die letzte Träne geweint und der Tigerin alles erzählt habe, was es zu erzählen gibt, schleppe ich mich wortlos in das Nachtlager, welches Elavrin und Oi eingerichtet haben. Stumm lege ich mich hin und versuche zu schlafen, doch ich wache immer wieder von Albträumen geplagt auf.

Am nächsten Morgen brechen wir auf. Ich fühle mich unruhig und bin gereizt. Das Licht scheint mir viel zu grell und ich sehne das Dunkel der Nacht herbei. Oi packt die Überreste von Selinaya Duvall ein und wir marschieren los. Plötzlich ruft Elavrin aus. Sie glaubt Ina und Marie seien in Gefahr, da Paol gedroht habe, dass auch sie es bereuen würden, dass wir die Insel betreten haben. Die Elfin eilt voraus, verwandelt sich in einen Vogel und fliegt davon. Oi und ich beeilen uns, zu den Booten zu kommen. Als Oi am Ring aus Wächtern ankommt, muss sie feststellen, dass sie die Gebeine von Selinaya nicht mitnehmen kann, da ihr Geist den Ring nicht verlassen kann. So hat sie keine Wahl, als Sack mit dem Überresten auf der Insel zurückzulassen.



  • Logbucheintrag von Oi

21.Wynarn
Ich ziehe die Boote in's Wasser, setze mich an die Ruder während Talandrion im Heck das zweite Boot so hält, dass es sich nirgends in Wurzeln oder Ähnlichem verfangen kann und rudere los. Die Angst, dass es für Marie und Ina zu spät sein könnte, sitzt mir im Nacken. Als wir der Insel schon nahe sind, bemerke ich Rauch in der Luft und bald darauf sehen wir die Flammen, die die letzten Überreste der Hütte verschlingen. Eine reglose Gestalt liegt am Boden in ihrem Blut und neben ihr kniet Ina, auch ihre Gestalt in Reglosigkeit erstarrt. Elavrin nimmt uns in Empfang, hilft uns das Boot zu vertäuen. Ihr Gesichtsausdruck ist erstarrt. Sie berichtet kurz, dass sie, als sie ankam nur noch die Gestalt von Neite Hunon sehen konnte, wie diese davongeschwebt ist. es war alles zu spät, wie ich befürchtet hatte. Marie lag bereits da mit aufgeschlitzter Kehle, aber immerhin konnte sie Ina noch aus der brennenden Hütte bergen und ihren letzten Lebensfunken neu entfachen. Ich gehe hin zu Marie, kniee mich neben sie und entschuldige mich dafür, dass alles zu spät war. Wir konnten es einfach nicht früher ahnen! Nach einiger Zeit fasse ich einen Entschluss: Dies alles muss ein Ende haben, der Hugan hat lange genug über fremde Leben verfügt. Mit einem Ruck stehe ich auf und sage "Lasst uns zu Neite gehen!" und zu Ina gewandt "Kommst Du mit?". Aber diese reagiert nicht. Noch immer ist ihr nicht die kleinste Regung anzumerken. Elavrin meint nur Etwas wie "Wir müssen uns erst um die Lebenden kümmern". Nun... da Ina nicht ansprechbar zu sein scheint, hat dies seine Berechtigung. Wir können sie ja wohl kaum alleine hier lassen. Ausserdem weiss sie vielleicht noch Etwas, was uns von Nutzen sein könnte. Ich spreche zu Ina bezüglich dem letzten Andenken an Marie und dass ich ihren Sohn retten würde. Zumindest das bin ich ihr schuldig. Und dass Neite endlich das Handwerk gelegt werden muss und wenn er dabei draufgeht. Na ja. Eigentlich freue ich mich schon darauf, dass dieser Hund enlich sterben wird. Elavrin fragt Irgendwas davon, ob wir bereit wären, noch heute zu Neite zu gehen. Was für eine Frage, NATÜRLICH bin ich das! Aber Tala schüttelt müde den Kopf. Solange Ina nicht ansprechbar ist, erübrigt sich die Frage irgendwie. Und wenn sie denn endlich soweit ist, werden wir ja sehen, ob wir noch gehen oder nicht. Ich brenne darauf, endlich was zu tun!
So lange sitze ich neben Ina, versuche irgendwie an sie heran zu kommen, ihre Emotionen zu wecken. Ich lasse ihr Ruhe, zwischendurch, doch meine Geduld ist nicht die beste, also rede ich immer wieder und wieder auf sie ein. Dass dies nicht ungesühnt bleiben kann und dass ich versprochen habe, Marie's Sohn zu befreien. Da kommt Elavrin zu uns und spricht zu Ina "Ich weiss nicht, was Dir Marie bedeutet hat, aber wir sollten reden darüber, wie wir mit dem Bokkor verfahren sollen. Ina war Deine Freundin, Du weisst, was sie wollte. Was sollen wir mit ihrem Sohn anstellen? Er ist dann alleine." Ina reagiert auch darauf zuerst nicht, doch dann hebt sie den Finger, zeigt auf Marie und zeichnet dann das Symbol von Maman Brigitte in die Luft. Elavrin scheint die Gestik zu verstehen, wie sie uns später mitteilt. Wir müssen erst die Toten ehren, erst dann kommen die Lebenden. Ela steht auf, berührt Ina an der Schulter und sagt "Gut. Wir Warten." Ich bleibe bei Marie sitzen, ich kenne das. Totenwache nannten wir die Zeit, die wir verstreichen liessen und bei dem Toten verbrachten, bis wir ihn der See übergaben. Jezt habe ich verstanden, was mir früher so partout nicht einleuchten wollte. Auch wenn die Sache mit dem, der dies hier verschuldet hat, mir noch immer unter den Nägeln brennt. Ich kann Marie nicht weniger geben als das, was sie nach diesem unnötigen Ende ihrer Zeit verdient hat. Während ich bei Marie sitze, höre ich Elavrin das Lager aufschlagen unud ein Feuer entfachen. Bald zieht der Geruch nach ihrer Suppe in meine Nase, aber ich habe keine Lust zu essen. Alles zu seiner Zeit.
Die Zeit verrinnt. Es war früher morgen, als wir hier eintrafen. Als die der Abend schliesslich dämmert, beginnt mein Magen zu grummeln und will einfach nicht mehr damit aufhören. Also ergebe ich mich schliesslich dem Drängen meines Körpers und wärme den Rest der Suppe, die Elavrin um die Mittagszeit gekocht hat. Ich bringe Jedem ein Schälchen davon, Ina reagiert allerdings nicht darauf. Dafür wacht Talandrion aus seiner Meditation auf, als ich ihm die Schale unter die Nase halte und verschlingt sie geradezu. Die Hütte ist mittlerweilen vollends niedergebrannt, nichts ist mehr übrig ausser Asche und verbrannter Erde. Wieder setze ich mich neben die Tote und als ich gefragt werde, ob ich auch eine Wache machen würde, nicke ich. Ich kann mich nicht um meine Pflicht drücken, ist es doch so, dass die Anderen ihre Ruhe brauchen, ansonsten sind sie Morgen zu nichts zu gebrauchen. Um Mitternacht breche ich meine Totenwache ab, um die Wache zu übernehmen. Ausser den geräuschen des Dschungels ist alles still, als plötzlich das Geräusch eines erschrockenen Luftschnappens von Ina her meine Ohren erreicht. Ich sehe zu ihr hin, sie sitzt noch immer unbewegt bei Marie, doch ihr Blick hat sich gewandelt. Mit einem ungläubigen Ausdruck im Gesicht starrt sie auf Marie's Gesicht und als ich ihrem Blick folge, erkenne ich, dass Marie die Augen aufgeschlagen hat. Ungläubig stelle ich mich hinter Ina, noch immer Marie im Blick, als diese sich aufrichtet und schliesslich in ihrem eigenen, getrockneten Blut zu sitzen kommt. Sie sieht sich langsam um, kurz bleibt ihr Blick an uns hängen, sie scheint zu erkennen, was um sie herum los ist. Ich löse mich aus meiner Erstarrung und rufe den anderen zu, aufzuwachen. Noch weiss ich nicht, was dies genau zu bedeuten hat, aber meine Erfahrung mit Toten, die aufstehen, ist nicht gerade positiv. Tala und Ela springen auf, auch ihren Gesichtern ist Erstaunen und Schrecken anzusehen. Wie aus einem Mund sagen Elavrin und ich "Marie?" Marie sieht Ina an, dann ihre Hände und schliesslich fährt ihre Hand zu dem Schnitt in ihrer Kehle, als ich ein böses Glitzern in ihren Augen zu erkennen glaube. Ich mache einen Schritt zurück, weg von ihr, und ziehe Ina mit. Da ertönt Talandrion's Stimme "Was ist passiert? Marie, bist Du es?" Ina macht zögerlich ein paar Schrizze auf Marie zu, ich rufe ihr zu, aufzupassen. Marie wendet sich Ina zu, will Etwas sagen, doch ausser einigen seltsamen Geräuschen entringt sich kein Laut Marie's Kehle. Sie zeichnet einige Gesten, die ich nicht verstehen kann, in die Luft und wird durchscheinend wie Rauch und schwebt in Richtung der Plantage von Miseroi davon. Ina fällt in sich zusammen. Ich laufe zu ihr, lege ihr meine Hand auf die Schulter. "Ina, was ist los?" frage ich. Sie sieht mich an, dann wandert ihr Blick zu Elavrin und macht einige Gesten. Marie wird sich um Neite kümmern und es gibt noch Jemanden, der Anspruch auf Rache hat. Aber vermutlich kann sie sie ohne unsere Hilfe nicht befreien übersetzt Elavrin für uns. Dann macht diese auch einige Gesten, doch Ina scheint sie nicht zu verstehen. Ich frage mich, wieso Ela nicht einfach zu ihr spricht - immerhin versteht diese unsere Sprache durchaus. Elavrin scheint schlussendlich auch zu diesem Schluss zu kommen und fragt Ina, ob sie hierbleiben würde. Doch diese schaut Ela nur verständnislos an und fragt "Warum?". "Wer oder was bist Du?" fragt nun Elavrin, worauf Ina meint: "Da ich Dir mein Leben schulde..." , nimmt ihr Grigri vom Hals und verwandelt sich alsbald in einen Kobold. Es ist das erste Mal, dass ich eines dieser Wesen sehe, doch es ist unverkennbar die Beschreibungen in den Geschichten sehr genau. Elavrin sagt Etwas davon, dass sie in dem Fall versteht, dass Ina sich nicht allen zeigen will. Dass die Leute und wohl auch sie ihr in dieser Gestalt wohl nicht getraut hätten. Schnell zieht Ina sich das Grigris wieder an und verwandelt sich in die uns bekannte Halblings-Frau. Aus den wenigen verbliebenen Habseligkeiten holt sie sich ein Küchenmesser, um sich zu bewaffnen. Ich reisse mich von der Szene los, springe runter an's Wasser und mache eilig die Boote klar. Elavrin und Talandrion wechseln noch einige Worte, als ich schon fertig bin. "Kommt ihr?" rufe ich inhnen zu, muss aber noch eine gefühlte Ewigkeit warten, bis diese das Lager abgebrochen haben und sich schliesslich zu mir in die Boote gesellen.
Nach einer knappen Stunde erreichen wir die Insel und sehen, dass einige der Pfähle, die die N'zumbes auf der Insel halten sollen, ausgerissen worden sind. Ich hole den Sack mit Selinaya's Überresten und trage ihn zum Boot, als ihr Geist kurz auftaucht und dann... Schwärze. Ich weiss nicht, wie lange ich weg bin, noch wo ich bin, aber irgendwann komme ich in der Mitte der Insel, in der Nähe der Ruine des Herrenhauses wieder zu mir. Der Sack mit den Überresten ist weg. Wie es scheint, hat mich Selinaya mal wieder übernommen, nur dass sie mich diesmal ganz ausgeschaltet hat. Diesmal war der Zweck der Sache nicht, mich zu töten, sondern der, ihre Knochen irgendwo auf der Insel zu verstecken. Uns war klar, dass Selinaya offensichtlich trotz fehlender Barrikade noch immer nicht von der Insel konnte oder wollte. Wir machten uns auf die Suche nach Marie, welche aber erfolglos blieb. Nach langem Hin und her, Diskussionen über das wie und warum entdeckten wir plützlich, dass Paol's Kadaver stärker verwest war als die der anderen N'zumbes. Seltsam, das alles. Wieder diskutieren wir hin und her, fragen uns, wieso sie wohl Miseroi nicht verlassen konnte und es immer noch nicht kann. Das muss mehr als ein blosses Ehegelübde gewesen sein. Mit der Hilfe von Ina kommen wir schliesslich darauf, dass die einzige Möglichkeit, Selinaya aus ihrem Gelübde zu lösen wohl die ist, dass wir sie glauben machen, dass Anton seinen Teil des Gelöbnisses, nie danach zu fragen, was sie an dem einen Tag im Monat, an dem sie allein unterwegs ist, gebrochen hat. Also müssen wir es irgendwie schaffen, Selinaya zu täuschen. Auch dazu hat Ina eine Lösung in Petto: Sie hat noch eines der Grigris, mit denen sie die Gestalt verändern kann, welches noch nicht auf eine spezielle Person geeicht ist. Also muss Jemand von uns (sie ist dazu zu klein) mittels dem Grigri Anton's Gestalt annehmen und Selinaya danach fragen, was sie getan hat, wenn er nicht dabei war. Aber dazu brauchen wir Haare von Miseroi. Und wo wir die hernehmen sollen, ist uns allen ein Rätsel. Ob es überhaupt noch Haare von ihm gibt, ist eine andere Frage.
Schliesslich folgen wir meinen Spuren zurück, um den Sack mit Selinayas Überresten wieder zu beschaffen, was uns auch nach kurzer Zeit gelingt. Vielleicht kann ich ja durch eine weitere Befragung der Knochen Bilder heraufbeschwören, die uns sagen, wo wir ihn finden können. Also setze ich mich auf's neue mit dem Schädel in meinen Händen und den Gedanken und Worten nach dem Ende von Anton auf den Lippen hin. Und wieder klappt es - diesmal ist es Talandrion, den die Vision ereilt: Selinaya, die den sich verzweifelt wehrenden Anton hinter sich herschleppt, umgeben von weiteren N'zumbes, die dafür sorgen, dass Anton ihr keine Schwierigkeiten macht. Wie sie ihn ertränkt und seine verzweifelte Gegenwehr. Doch das brringt uns alles nichts - denn es geschah an ebendem Platz, an welchem auch Selinaya ihren Tod gefunden hatte. Und den hatte ich schon so gründlich abgesucht, dass ich mir sicher sein kann, dass es keine weiteren Überrreste zu finden gibt. Seltsam bei der Vision ist allerdings eines: Am Ende, als Miseroi schon lange tot war, verschwand er aus Selinayas Händen. er ging nicht verloren oder so, sondern er... verschwand einfach. Also kann er durchaus sein, dass Miseroi... irgendwo ist, aber bestimmt nicht hier. Wie also sollen wir zu seinen Haaren kommen? Doch dann trübt sich Elavrin's Blick. Offensichtlich hat die Frage auch ohne Konzentration bewirkt, dass vor ihren Augen die Bilder eines Medaillons auftauchen. Ein Medaillon mit den Haaren und einem Bildnis von Anton drin. Selinaya verstaute es in einer Schatulle, welche sie wiederum in einem riesigen Schminktisch unterbrachte. Und Elavrin kann sich sogar noch ziemlich genau an dessen Standort im Haus erinnern. Also gehen wir hin. Es dauert eine Ewigkeit, bis ich genügend von dem Zimmer freigelegt habe, so dass wir die Gesuchte Schatulle finden. Endlich.
Ausser dem Medaillon mit den Haaren finden wir in der Schatulle noch einige wertvolle Kleinigkeiten, die wir gerne annehmen...
Ina wickelt die Haare um ihre noch ungeprägte Puppe, was sie zu einem Grigri macht, welches einem die Verwandlung in Anton ermöglicht. Talandrion weigert sich, die Rolle des Miseroi zu spielen, also ziet erstmal Elavrin das Ding an. Das Ergebnis ist ein etwas seltsam anmutender Anton Miseroi, gekleidet in die doch Etwas allzu fraulichen Kleider von Ela. Ein Wunder eigentlich, dass Anton die Bluse von Ela nicht einfach gesprengt hat, so zierlich wie sie im Gegensatz zu ihm ist. Schliesslich, nach einigem hin und Her, ob nun Talandrion irgendwelche Kleider auszuleihen hätte, sieht er ein, dass es wohl einfacher ist, wenn er die Sache übernimmt. Kaum hat er sich verwandelt, wandert sein Blick an einen Punkt, wo wir nichts zu sehen vermögen. Er spricht mit einer für und unsichtbaren Selinaya: "Liebste, vergib mir. Aber ich muss Dich fragen und damit mein Versprechen brechen. Wo verbringst Du Deine Nächte?" Sehr seltsam. Hatten wir es doch davon, dass es nur dann wirklich glaubwürdig scheint, wenn er einen Streit vom Zaun bricht. Nicht mal ich in meiner derzeitigen Belämmerung wäre es so angegangen. Das kann sie doch nie und nimmer für Anton halten! Aber irgendwie konnte sie es doch, denn Tala zieht sich das Grigri ab, und meint, dass sie sich verabschiedet hätte. Sie hätte ihn umarmt, ihm einen Kuss auf die Lippen gehaucht und sei dann verschwunden.
Ich bin ungeduldig, unterbreche das Gespräch von Tala und Ela: "...gehen wir in's Dorf?" Wir bemerken Nzumbes, die sich in ihrem eigentlümlichen Gang auf den Weg in Richtung Dorf begeben, was Elavrin dazu bringt, sich mir entgegenzustellen. Sie will nicht ins Dorf, hat Angst, zwischen die Nzumbe und Neite zu geraten. Aber ich will sicher gehen, dass die Sache erledigt ist, will es sehen. Schliesslich ziehe ich los. Was hat denn Ela auch immer für ne Scheiss-Angst? Die Nzumbes werden uns die Arbeit abnehmen und ja, ich werde mich zurückhalten. Auf dies Versprechen hin kommen auch die Anderen mit mir, doch ihre Angst war unbegründet - denn noch bevor wir in Sichtweite zum Dorf sind, hören wir auch schon ängstliches Geschrei. Als wir näher kommen, sehen wir, wie immer noch Nzumbe aus dem Wasser steigen und sich immer mehr von ihnen über den vermeintlichen Hugon hermachen. Die Dorfbewohner fliehen in wilder Panik, doch ihnen schenken die Untoten keinerlei Beachtung. Neite Hunon hingegen wird regelrecht zerrissen. Als sich die Nzumbe schliesslich wieder dem Sumpf zuwenden, ist von ihm kaum mehr aus ein Häufchen zerfleddertes Zeug vorhanden, aus dem noch immer Blut sickert. Bris, Marie's Sohn und ehemaliger Schüler von Neite findet sich eingeschüchtert in der Hütte. Elavrin nimmt ihn zu sich und redet auf ihn ein. Von seiner Mutter, dass sie nur wegem ihm nicht weg wäre, von den bösen Taten des vermeintlichen Hugon, verpackt in der Aussage, dass er bestimmt auch viel gutes getan hätte. Mir reisst die Geduld; ich will dem fehlgeleiteten kleinen Menschen einfach nur sagen, wie Scheisse sein Herr war, doch klar. Elavrin bremst mich aus. Sie ist ja so eine wunderbare Kleinkindertante, dass der Kleine beinahe schon auf sie spuckt. Aber nein, ich muss die Fresse halten! Immer und immer wieder. Ja, klar, zur Zeit mag das oft angebracht sein, aber diesem WURM von einem Menschenkind würde es wohl nicht schaden, wenn ihm mal wer den Kopf wäscht! Und wenn er danach für sein Leben Angst vor Halborks hat, was soll es! Mit Diplomatie ist diese Hirnwäsche, welche ihn auf seine Mutter spucken lässt, nicht aus ihm herauszubekommen - DER Balg hätte es verdient, dass man die Scheisse aus ihm herausprügelt!
Doch Ela sieht das anders. Elaelaela. Immer die Alte, die sooo viel klüger ist und die Weisheit mit dem Löffel gefressen hat. Und Talandrion ist zu gar nichts mehr zu gebrauchen. Ich weiss nicht genau, was geschehen ist, aber der Waschlappen will ein Anführer sein? Da lachen ja die Hühner! Oder die Frösche, anbetrachts unserer Umgebung. Ich drehe mich von dem Dorf weg, gehe zum Boot. Ich bin ja offensichtlich nicht mehr erwünscht. Sollen sie doch zusehen, wie sie klar kommen - ich hab von denen erstmal genug, zumal es noch viel in Anbetracht von Marie's Tod zu tun gibt. Wenn ich schon nicht ihren Kleinen wieder grade biegen darf, denn geh ich zur Insel, räume den ganzen Schutt weg und pflanze einen Baum in ihrem Gedenken. Damit zumindest Etwas schönes aus all dem Mist hervorwächst. Ich murmle meine Gedanken vor mich her, als ich zur Insel rudere, auf dem Weg zu ihrer einzigen einst schönen Hinterlassenschaft, um ihr zu gedenken...



22. Wynarn
Langsam löst sich nach dem verstörenden Angriff der Untoten die Spannung - zumindest bei uns. Die Dorfbewohner sind verständlicherweise noch immer geschockt und auch aufgebracht. Sie haben nicht nur ihren Hugan verloren und erfahren, dass ihr Dorf seit Jahren von einem Bokkor geleitet wurde, sondern nun macht auch eine Horde von Untoten die Umgebung unsicher? Das verspricht keine verlockende Zukunft zu werden. Und zumindest Bris, der Sohn von Marie und Lehrling des Bokkors, scheint hier in Sarasota nicht mehr Willkommen zu sein. Und uns wird klar, dass die Mischung von Aberglaube der Sumpfbewohner und seinem Mentor ihn auch in allen anderen Dörfer der Umgebung das Leben schwer machen würde. Daher zeichnet sich immer mehr ab, dass wir den Jungen mitnehmen müssen. Zumindest dass schulden wir Marie. Ich fürchte aber, dass ein Leben in Sasserine, wo alles so anders ist, dem Jungen nicht behagen wird. Aber womöglich kann ich ja was mit Endowa oder Assariël? in die Wege leiten? Mal schauen...

Aber das muss vorerst warten, denn Ina gibt mir zu verstehen, dass wir langsam aber sicher aus Sarasota verschwinden müssen. Und tatsächlich, auch ich entdecke nun in weiter Ferne die Gestalt von Marie.
Aber mit nur einem Boot kommen wir hier nicht weg, und Oi ist irgendwo da druassen im Sumpf. Ich biete an, sie suchen zu gehen, und Talandrion rät mir, bei der Ruine von Maries Haus zu starten.

Mit einem mulmigen Gefühl verlasse ich das Dorf. Wäre doch jetzt Gurak hier - womöglich hätte es ihn etwas versöhnt zu sehen, dass er doch nicht so unrecht hatte. Ich schliesse die Augenlieder, konzentriere mich auf das Geräusch des Windes in den Bäumen, auf das Bild eines Adlers vor meinem inneren Auge, der Wärme der Sonne auf meinem Gesicht. Und plötzlich ist es wieder da, das Gefühl, Zweierlei und nichts zu sein. Die Kleider auf der Haut und den Wind im Gefieder zu fühlen. Die Füsse in den Lederschuhen und die Krallen im Schlamm zu spüren. Das Pochen des Blutes in den Ohren und das rascheln einer Maus im Gras zu hören.
Doch dann ist dieser kurze Augenblick vorbei und ich bin wieder etwas, wieder eins - und dieser Körper fühlt sich genau so gut und richtig an wie mein normaler Körper. Voller Vorfreude strecke ich die Flügel aus, lasse die Brise durch die Federn gleiten und fühle die Sonnenstrahlen auf meinem Gefieder. Mit einem Aufschrei stosse ich mich ab und mit ein paar wenigen aber kräftigen Schlägen gewinne ich schnell an Höhe. Das Gefühl ist wunderbar!

Erst nach ein oder zwei Minuten haben ich meine Gefühle so weit unter Kontrolle, dass mir wieder einfällt, was ich eigentlich vor hatte. Ich orientiere mich kurz an der Sonne und der Strömungsrichtung des Wassers und fliege dann auf kürzestem Weg zur Hütte. Schnell merke ich, dass jedoch die Gefahr besteht, dass ich von hier oben aus durch das Kronendach Oi übersehe. Obwohl ich fast ein wenig vermute, dass da wo Oi gerade ist alles Wild verstört flieht und selbst die Bäume wild hin und her wackeln, ganz als ob ein Riese zwischen ihnen hindurch schreite. Dennoch gleite ich hinunter und fliege dem Wasserweg nach. Doch ich sehe keine Spur von Oi, aber dafür eine eindrückliche Anzahl von dunklen Silhouetten, die sich von meiner erhöhten Position aus gut im Wasser ausmachen lassen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Krokodile hat. Und nun mache ich mir doch etwas sorgen um Oi.
Doch als ich bei der Ruine ankomme sehe ich das Boot und kurz darauf auch Oi, welche auf dem Platz vor dem Haus sitzt. Ich lande direkt vor der Halborkin und ertrage ihr Gefuchtel, bis ihr dann doch zu dämmern scheint, dass vor ihr womöglich doch kein normaler Adler sitzt. Darauf hin meint sie, dass sie noch etwas Zeit brauche, aber leider haben wir die nicht. Also versuche ich ihr klar zu machen, dass sie jetzt zurückkehren soll. Sie versteht es zwar, aber nein, Oi möchte nicht. Leicht gereizt fliege ich darauf hin zum Boot und wie erwartet sind weder das Boot noch die Ruder gesichert. Nach ein wenig herumflattern erkenne ich, dass ich das Boot nicht bewegen kann, aber wenigstens ein Ruder kann ich ins Wasser schieben. Voller Erwartung schaue ich zu, wie Oi das Ruder genervt aus dem Wasser fischt, nur um es dann ins Boot zu werfen und wieder zurück zu stapfen.
Langsam aber sicher verliere ich die Geduld. Wollte nicht sie dem Jungen etwas Vernunft einprügeln. Ha! dabei hätte sie es selbst am nötigsten! Ich bin kurz davor sie einfach hier zurück zu lassen, aber dann fällt mir wieder ein, dass sie für ihr Verhalten nichts kann - oder nur bedingt. Mit einem inneren Aufstöhnen denke ich an die Worte der Pristerin, dass Ois Fluch nicht nur sie sondern auch ihr Umfeld treffen würde. Und wenn das nicht die volle Breitseite eines göttlichen Fluches ist, ja was dann?

Also fliege ich noch einmal zu Oi. Aber bei allem guten Willen, sie ist alleine hierher gepaddelt, sie kann auch wieder alleine zurück. Daher kommt ein Rückwandeln nicht in Frage. Stattdessen versuche ich sie so lange anzustarren, bis sie Vernunft annimmt. Nun ja, das ist zumindest halbwegs erfolgreich, denn nach einem Seufzen verspricht mir Oi, dass sie in einer halben Stunde zurück kommt. Nun ja, daraus würden schlussendlich zwei volle Stunden werden, aber egal...

Jedenfalls können wir uns am Nachmittag für den Rückweg bereit machen. Ich kann Bris sogar so weit kriegen, dass er seine wichtigsten Sachen packt. Ich bin überaus erstaunt, wie gut und gefasst er diese sehr schwere Situation meistert. Er hat nicht nur zuschauen müssen, wie sein Mentor von Monster zerfetz wird und wie sich die Dorfbevölkerung gegen ihn wendet, sondern er muss auch mit völlig Fremden seine Heimat verlassen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht so schnell wieder zurück kehren wird, und versuche ihn dazu zu kriegen, sich trotz der Umstände von diesem Leben hier zu verabschieden.
Noch mehr erstaunt mich dann aber die kleine Koboldfrau. Ina gibt mir per Handzeichen zu verstehen, dass sie uns begleiten will. Sie schuldet mir ihr Leben, und sie möchte sich nun revanchieren. Ich versuche ihr zu erklären, dass es nicht nötig ist, aber sie besteht darauf. Erst da verstehe ich, dass sie genau wie Bris ihre Bezugsperson und damit ihr Zuhause, und alles was sie hier hält, verloren hat. Wie könnte ich ihr da verbieten uns zu begleiten?

So verlassen wir zusammen mit unseren beiden Führern Sarasota und machen uns auf den Weg nach Sasserine.

25. Wynarn
Wir erreichen wieder Sasserine. Die Koboldin scheint eindeutig auch schon in Städten gewesen zu sein, und doch spüre ich bei ihr eine innere Anspannung. Aber ist das nicht verständlich? Kobolde werden schliesslich selten mit offenen Armen empfangen.
Bris hingegen ist richtig aufgeregt und schaut alles mit grossen Augen an. Und auch wenn Talandrion während der Reise zumindest ansatzweise zum Jungen durchdringen konnte, so ist dieser jetzt zum ersten Mal so sehr abgelenkt, dass er seinen Kummer zu vergessen scheint. Womöglich habe ich mich ja getäuscht und dem Jungen gefällt die Stadt doch besser als ich dachte?

Da einzig Talandrion ein wenig das Vertrauen von Bris geniesst, beschliessen wir, dass er sich für die erste Nacht um den Jungen kümmert und wir uns am Morgen bei Lady Vanderboren treffen.
Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Wohl sich Ina in der Stadt fühlt, zumal das Illusions-Gris-Gris bald seine Wirkung verlieren wird, und so biete ich ihr an, sich bei mir einzuquartieren. Sie nimmt dankend an, und so führe ich sie zuerst nach Hause.

Da angekommen stelle ich mit Freuden fest, dass das Haus weder leergeräumt noch niedergebrannt wurde. Nun, die Nachbarschaft scheint also doch nicht ganz so schlecht zu sein. Ich zeige Ina, wo im Hauptraum sie ihr Bettlager einrichten kann. Im kleinen Hinterzimmer hätte es neben meinem Bett zwar auch noch Platz für eine kleine Schlafmatte, aber ich möchte mich wenigstens in meinem eigenen Zuhause beim Schlafen nicht verstecken müssen.
Anschliessend gehen wir kurz auf den Markt, um einige frische Nahrungsmittel zu kaufen. Ich gebe Ina etwas Geld und schick sie zu Vasil um diverse Gemüse zu kaufen, aber eigentlich vor allem um zu schauen, wie sie sich in der Stadt schlägt. Dass sie kurz darauf mit deutlich mehr Rückgeld zurück kommt als ich erwartet habe lässt zwei Schlüsse zu: ich muss mir um sie keine Sorgen machen - und Vasil hat mich bisher über den Tisch gezogen. Ha, der kann das nächste mal was erleben!

Zurück im Haus fällt mir ein, dass dies ja Inas letzter Tag als Gnomin ist, und schlage vor, dass wir noch einen kleinen Stadtrundgang machen und dann in einem Gasthaus einkehren. Ina scheint der Gedanke, Morgen als Koboldin durch eine fremde Stadt zu gehen, nicht all zu sehr zu behagen und so ist sie sofort einverstanden, dass ich sie etwas in der Stadt umher führe.
Damit sie einen ersten Überblick kriegt nehmen wir eine Gondel und lassen uns erst einmal durch alle Quartiere rudern. Dabei kann ich ihr auch bereits einige Orte wie etwa das Anwesen von Lady Vanderboren und die Sturmdrache zeigen. Dann gehen wir noch zu Fuss durch einige Quartiere, und ich zeige ihr wo sie Talandrion oder Oi auffinden kann.

26. Wynarn
Am Morgen muss ich mich zuerst schon etwas an den ungewohnten Anblick von Ina gewöhnen. Und erst jetzt wo ich sie in Koboldgestalt vor mir sehe fällt mir ein, dass wir ja in Drakonisch reden können. Oder zumindest ich mit ihr. Aber sie scheint es gar nicht zu bemerken, zu nervös tigert sie in der Köche umher - als ob Sassaia nicht reichen würde. Als es plötzlich klopft zuckt sie merkbar zusammen, doch es ist nur Oi. Ich sehe aber sofort, dass der Halborkin etwas auf der Seele lastet - und tatsächlich fühlt sie sich von Talandrion schlecht behandelt. Oder besser gesagt nervt sie sich, dass er Lady Vanderboren offen informiert, ohne dass alle dabei sind. Ich sehe zwar nicht wo da das Problem ist, versuch sie aber zu beschwichtigen. Was erwartet sie, die beiden Teilen vermutlich das Bett, da gibt es nun mal Bettgeflüster, und wir hätten es ihr ja sowieso erzählt.
Ich verstehe aber erst beim weiteren Reden mit Oi, was sie eigentlich stört - und ich muss zugeben, dass sein Vorgehen tatsächlich etwas ungeschickt war. Aber nun, sei's drum, wir müssen sowieso zu Lavinia. Und so gehen wir durch die Strassen von Sasserine - eine Halborkin, eine Kobioldin, eine Elfin und ein Tiger. Und für einmal hat es auf wundersame Weise genügen Platz auf der Strasse...

Beim Answesen der Vanderboren angekommen werden wir sogleich von Cora herzlich willkommen geheissen und es fühlt sich irgendwie ein wenig an wie wenn man nach Hause kommt. Und mit Freuden sehe ich, dass es Tavey ganz gut zu gehen scheint - und entgegen Coras Andeutung scheint auch sie nicht wirklich unglücklich über ihren Schützling zu sein.
Kurz darauf werden wir von Lady Vanderboren begrüsst und zu meinem erstaunen stellt sich Ina mit einem einzigen kehligen Wort als Chipzu vor.

Kurz darauf gesellt sich auch Talandrion zu uns und ich erschrecke ab seinem Anblick. Wüsste ich nicht, was ihn quält - oder zumindest wo und wann es ihn quält - ich würde vermuten dass er Lori-Fieber hat: eingefallene Augen, spröde Lippen, dunkle Augenränder, gehetzter Blick. Ich kann nur hoffen, dass es ihm etwas hilft wenn er sich Lavinia oder Kari anvertrauen kann.
Zu guter Letzt ist auch Savina mit dabei und so informiert Talandrion alle über den letzte Stand der Dinge, bevor wir das weitere Vorgehen besprechen - insbesondere wer was zu Emil Dracktus sagen soll...

Danach geht ein Teil zu Lady Arabani, um sie über die drohende Gefahr der Untoten im Sumpf zu informieren. Oi, Chipzu und ich gehen zur Sturmdrache, wo alles in Ordnung ist.

Am Nachmittag gehen wir zu Emil Dracktus und bitten um eine Audienz, anschliessend habe ich endlich Zeit für ein schönes Dampfbad. Etwas Voreilig lade ich Chipzu mit ein und muss dann fast Zwangsweise zwei Einzelbäder zahlen - aber egal, es ist es Wert.

27. Wynarn
Der Tag verläuft ziemlich ruhig und wir befürchten schon, dass wir keine Audienz bei Emil Dracktus erhalten, als uns am Abend eine Einladung erreicht. Gut, dass es doch noch klappt, ich habe keine Ahnung was wir sonst machen sollen. Vernünftige Alternativen haben wir jedenfalls keine... ...insbesondere da Savina uns ein paar unschöne Sachen erzählt. Die zwei Informanten, welche ihr etwas über die Misroi-Geschichte erzählt hatten, sind tot, Käptn Flynn wurde windelweich geprügelt und Savina bedroht...

28. Wynarn
Was für ein Fiasko! Anfangs ist ja alles noch einigermassen gut gelaufen. Emil Dracktus war natürlich nicht erfreut aber auch nicht unfreundlich. Aber Oi verbockt auf der Türschwelle beim herausgehen alles. Kann sie den nie den Mund halten? Dass sie mir später auch noch frech über den Mund fährt macht es nicht besser und mir wird klar - das Fass ist voll. Ich habe sie nun ein letztes Mal gewarnt - mal schauen ob sie es sich merken kann...



29. Wynarn
Wir fanden uns am nächsten Morgen wieder bei Lavinia ein. Ich wusste nicht so recht wie ich mich fühlen sollte. Irgendwas zwischen gehetzt, das der Tod hinter jeder Ecke lauert und dem Gefühl gerade dem entronnen zu sein, wenigstens für den Moment. Ich hatte alles dafür gegeben damit wir bei Lord Dracktus eine Audienz erhalten hatten. Diesen kleinen Gefallen, der für mich wie ein Schutzschild war nach allem was geschehen war. Ein Schutzschild das wahrscheinlich dünner war als die Flügel einer Libelle, doch wenigstens etwas. Doch jetzt war es weg. Verflogen... Und für was...?
Ich riss mich aus meinen trüben Gedanken. Wir lebten noch und hatten eine Spur und zumindest war Lord Dracktus geneigt gewesen mir diese kleine Information zuzuspielen. Vielleicht würde er mich wenn meine Projekte gut liefen ein wenig respektieren. Vielleicht würde dies ihn davon abhalten, mich auszulöschen wenn ich das nächste mal unwissentlich in die Quere kam.
Es waren nun alle endlich eingetroffen und sahen mehr oder weniger frisch aus. Ausser Talandrion, der noch müder aussah als sonst. Aber er schien nicht darüber reden zu wollen.
Chipzu und Bris schienen nichts von einem permanenten Heilmittel gegen Albträume zu wissen. Wäre ja fast zu einfach gewesen.
Doch Talandrion kam mit einer überraschenden Neuigkeit, die uns weiter brachte. Er hatte gestern Nacht eine Unterhaltung mit Selinaya's Geist. Sie erzählte ihm dass es auf Runè solche Runensteine geben könnte, die gegen Albträume helfen. Doch braucht es einen Heimstein um überhaupt nach Runè zu kommen. Bei ihren Sachen war zum Glück ein solcher dabei, doch konnte keiner von uns ihn aktivieren.
Doch vielleicht könnte es jemand von der Fischern. Oder vielleicht hätten diesen zumindest einen den man ausleihen könnte.
Mögliche Kandidaten hier waren: Lorin Meravanchi, doch dieser war vor ca. 40, 50 Jahren hingerichtet worden von den Meeresprinzen. Lord Knowlern sei damals vielleicht ein Fischer gewesen, nach Angaben von Selinaya und kurze Abklärungen ergaben auch, dass es immer noch der gleiche Lord Knowlern war wie heute.
Auch könnte man es bei Lord Lidu versuchen, der uns schon einmal geholfen hatte. Zumindest waren seine Grosseltern Fischer gewesen. Irgendwie würde es zu seinem Charakter passen.
Oi versucht im Laufe des Tages im Tempel von St. Worgul etwas über die Fischer zu erfahren, doch schienen diese ihr seltsamerweise nichts neues erzählen zu wollen.
So versuchten wir bei Lord Lidu und Lord Knowlern eine Audienz zu bekommen und prompt hatten wir je eine für den folgenden Tag.


Lord Lidu

30. Wynarn
Bei Lord Lidu hatten wir unsere 1. Audienz und stiessen prompt auf fruchtbaren Boden. Er schien jemanden zu kennen welcher den Heimstein von Selinaya aktivieren könnte und wollte uns Bescheid geben wenn es soweit war.
So brauchten wir gar nicht mehr bei Lord Knowlern vorbeizugehen und sagten den Termin höflich ab.
Ebenfalls traff an diesem Tag eine Einladung auf Schloss Teraknian ein für den 3. Macqwan. Leider würden wir dort nicht hingehen können.

Erst am 1. Macqwan bekamen wir eine Einladung von Lord Lidu. Am Nachmittag hatte er Zeit und wie versprochen hatte er jemanden gefunden. Der Heimstein wurde auf Talandrion eingestellt. Und so machten wir uns am Folgetag mit der Sturmdrache auf nach Runè.
Ich verabschiedete mich noch in meinem Viertel und da meine Geschwister schon früher gewusst hatten dass ich früher oder später abreisen würde. Hatten sie ein Geschenk organisiert. Einen Schal zusammen gesetzt aus verschiedenen Stoffstücken. Jeder aus unserem Viertel hatte mitgemacht und so war ein wundervoller Schal entstanden welcher mich auf der Reise an zu Hause erinnern würde.

Am ??? kamen wir auf der Insel Runè, beim Dorf Por an. Die Bevölkerung empfing uns schweigend. Es tratt dann Mann aus der Reihe hervor und bat um den Heimstein. Talandrion gab ihm diesen, stellte uns vor und erzählte unsere Absichten. Der Mann nahm dies entgegen und verkündete uns dass dies der Sircrun entscheiden müsse und er ihn benachrichtigen würde. Dieser sei in Vil, doch wir dürften unter keinen Umständen dorthin.
Um unseren guten Absichten zu zeigen, beugten wir uns und warteten.
Was mir noch auffiel und ich später Talandrion auch berichtet war, dass der Sprecher nicht wirklich der Vorsteher oder so des Dorfes zu sein schien. Die Macht schien einer Frau zu gehören zu welcher der Sprecher regelmässig hinüber geschielt hatte. Wie um sich zu vergewissern ob er es richtig mache.
Auch allgemein kam uns das Dorf eher wie ein Vorposten vor als ein Dorf. Kaum Werkstätten nur Wohnhäuser und es gab keine Kinder oder Alten.
Aber im Moment waren uns die Hände gebunden und es hiess abwarten...



11. Macqwen
Nachdem ich wieder nur zwei bis drei Stunden geschlafen habe, verbringe ich den Rest der Nacht auf Deck und warte auf den Sonnenaufgang. Je länger mich die Bilder meiner Vergangenheit quälen, desto schlechter wird meine Stimmung. Ich merke wie ich immer reizbarer werde, vor allem in Ois Gegenwart...

Die Sonne ist mittlerweile aufgegangen und ich erblicke am Steg von Por die Frau, die Savina mir beschrieben hat. In der Hoffnung, mit dieser Frau sprechen zu können, wecke ich sowohl die Halblingin als auch Elavrin und wir begeben auf die Insel. Oi will zwar ebenfalls mitkommen, aber ich weise sie an, zurückzubleiben. In ihrem Zustand ist sie uns keine Hilfe und mehr als ein Mal hat sie nun schon bewiesen, dass sie nicht den Mund halten kann. Sie scheint zwar gekränkt, sieht es aber schliesslich ein. Dennoch folgt sie uns mit Abstand und lässt uns nicht aus den Augen.

In Por angekommen, finden wir heraus, wo diese Frau ihre Hütte hat und sprechen mit ihr. Ihr Name ist Emie Zacharie und sie gibt uns zu verstehen, dass Morrigan die Schutzpatronin von Runè ist und auch dass Sie nicht bereit ist, uns zu helfen, solange Oi auf der Insel weilt. Zu unser aller Überraschung scheint sie Savinas Mutter zu kennen, respektive deren Familie. In der Hoffnung, dass sie alleine an mehr Informationen kommt, sucht Savina das Gespräch mit Emie unter vier Augen. In der Zwischenzeit fliegt Elavrin in Gestalt eines Vogels den Strand ab und versucht sich einen Überblick zu verschaffen, während ich Oi klar mache, dass sie auf der Insel nicht erwünscht ist und sie besser auf dem Schiff warten soll. Widerwillig begibt die Orkin sich zum Steg und entgegen jeglicher Vernunft entscheidet sie sich, einen Kopfsprung ins Wasser zu machen. Ich kann nur den Kopf schütteln, als ich sehe, wie sich bei der Aktion beinahe den Hals bricht, denn das Meer zieht sich gerade in jenem Moment zurück, als sie eintauchen will.

Zusammen mit Sassaia warte ich am Steg und frage mich, ob unsere ganzen Bemühungen überhaupt einen Sinn haben. Egal wie oft wir unser Leben aufs Spiel setzen oder welchen Aufwand wir betreiben, um dem Fluch ein Ende zu setzen, Oi lacht Morrigan geradewegs ins Gesicht und bettelt förmlich darum, dass diese ihrem Leben ein Ende bereitet möge...
Nach etwa einer Stunde kommt Savina aus Emies Hütte und berichtet mir, dass wir eine Stunde vor Mittag erwartet würden. Später kommt auch Elavrin zurück und erzählt von einer alten Tempelruine, welche sie im Dschungel gesehen habe. Man merkt deutlich, dass sie nur zu gerne die Anlage erforscht hätte, doch war sie schlau genug, nicht ohne Erlaubnis ins Landesinnere vorzudringen.

Pünktlich eine Stunde vor Mittag betreten Savina Elavrin und ich die Hütte von Emie. An einem niedrigen Tisch nehmen wir Platz und ich trage unser Anliegen vor, in der Hoffnung auf Gehör zu stossen. Emie lauscht meinen Worten und plötzlich ändert sich ihre Körperhaltung. Es ist schwierig zu beschreiben, aber irgendwie ist sie nicht mehr sie selbst. Als sie zu sprechen beginnt und uns fragt, ob wir Selinaya kennen, hat sie zudem auch eine andere Stimme. Scheinbar fungiert ihr Körper nun als Sprachrohr des Sircrunè. Ich erzähle ihr, was wir erlebt haben und sie will wissen, wie wir Selinaya erlöst haben. Nachdem ich auch das erläutert habe, will sie deren sterbliche Überreste sehen. Elavrin und ich holen diese vom Schiff und übergeben sie zusammen mit Selinayas Schmuck an Emie. Diese respektive der Sircrunè scheint uns zu glauben und teilt uns mit, dass sie uns einen Gefallen schulden. Erleichtert vernehme ich, dass Emie uns nach Sasserine begleiten will, um sich um die Albträume von Calin Navarr zu kümmern. Eigentlich hätten wir an dieser Stelle gehen können, doch Elavrin hat das Gefühl, von Emie ignoriert zu werden und spricht diese darauf an. Und in der Tat wird die Elfin ignoriert. Auch als ich Emie auf Elavrin anspreche, reagiert diese nicht. Sie scheint nicht einmal zu wissen, von wem ich rede, als würde die alte Druidin nicht neben mir sitzen. Es ist jedoch nicht so, dass sie diese bewusst ignorieren würde, sondern eher, als könne sie sie nicht wahrnehmen. Selbst als Elavrin anfängt Dinge auf dem Tisch zu bewegen, reagiert unsere Gegenüber nicht, sondern legt sie die Dinge einfach wieder an ihren Platz, ohne jedoch zu registrieren, was sie tut. Elavrin ist sichtlich irritiert und beschliesst, die andere Frau zu berühren. Das hätte sie jedoch nicht tun sollen, denn just in dem Moment, als ihre Fingerspitzen Emies Hand berühren, spricht diese ein einzelnes Wort, das sich wie „Mal“ anhört und Elavrin bricht zusammen und windet sich schreiend auf dem Boden. Ich habe noch nie jemanden derart Schmerzen leiden sehen. Sofort springe ich auf, um ihr zu helfen. Emie scheint von dem Ganzen nichts mitzubekommen und sitzt weiterhin gelassen da. Savina bringt in Erfahrung, dass wenn eine Person mit einem solchen Zauber belegt wird, die Schmerzen nur nachlassen, wenn sie die Insel verlässt. Also nehme ich die alte Elfin auf die Arme und stürme nach draussen. Was dann genau passiert ist, ist schwierig zu beschreiben. Mein einziger Gedanke war, Elavrin so schnell wie möglich von der Insel zu bringen. Während ich Richtung Pier renne, zerrt Bethel, der erste Wind, an meinen Kleidern und meinen Haaren, als wolle er mich antreiben, noch schneller zu rennen. Ohne darüber nachzudenken verlässt eine Zauberformel meine Lippen. Als ich realisiere, was ich gerade getan habe, bin ich für die Länge eines Herzschlages irritiert. Doch als ich kurz darauf abhebe und nur wenige Handspannen über dem Boden Richtung Pier donnere, kommt es mir vor, als hätte ich schon unzählige Male den Auftrieb des ersten Windes genutzt, um kurze Strecken zu fliegen.
Allerdings habe ich keine Zeit, das Gefühl oder die Freiheit zu geniessen, sondern gilt meine Sorge einzig und allein der Elfin auf meinen Armen, welche immer noch in Todesqualen schreit. Am Pier angekommen, kümmere ich mich nicht um unser Boot, sondern fliege auf direktem Weg zu unserem Schiff. Als ich ungebremst über das Deck hinweg fliege, schaffe ich es noch, Elavrin in die Arme von Oi zu werfen, bevor ich auf der anderen Seite die Kontrolle über Bethel verliere und ins Wasser klatsche.
Während die Orkin und ich uns schliesslich um Elavrin kümmern, kommt Savina ebenfalls an Deck und erklärt der irritierten und nervösen Mannschaft, was passiert ist. Als wir uns vergewissert haben, dass die Schmerzen der alten Druidin langsam abklingen und ihr sonst weiter nichts fehlt, verbringen wir den Rest des Tages wartend, bis Emie schliesslich am Abend zu uns an Bord kommt und wir Richtung Sasserine ablegen. Ich zeige Emie ihre Kajüte und nutze die Gelegenheit, um unter vier Augen mit ihr zu sprechen, in der Hoffnung, dass sie auch mir beim Bezwingen meiner Albträume behilflich sein kann. Sie teilt mir mit, dass sie mir hier nicht helfen kann und dass sie allenfalls dazu in der Lage gewesen wäre, wenn ich meine Anliegen vor dem Verlassen von Runè vorgebracht hätte. Entgeistert starre ich sie an. Weshalb ich nicht vorher auf die Idee bekommen bin, sie um Hilfe zu bitten, ist mir ein Rätsel. Im weiteren Gespräch offenbart sie mir unter anderem noch einige Dinge über mich und meine Zukunft, die mich nicht unbedingt heiter stimmen.

12. Macqwen
Wir machen gute Fahrt und kommen schnell und ohne Zwischenfälle voran.


Meerdraken

13. Macqwen
Auch an diesem Tag kommen wir gut voran. Die Fahrt wird lediglich unterbrochen, als wir von einem Dracmer, einem Meerdraken, angegriffen werden. Mit vereinten Kräften können wir ihn jedoch vertreiben.

14. Macqwen
Keine Zwischenfälle

15. Macqwen
Wir kommen am Abend in Sasserine an und begeben uns zu Lavinia. Dort erfahren wir, dass ein Tag nach unserem Aufbruch Ois Zuhause, der kitzlige Oger, abgebrannt ist und sowohl der Wirt als auch sein älteste Sohn beim Feuer umgekommen sind. Oi macht sich sofort auf den Weg, um der Familie Beistand zu leisten. Meiner Meinung nach sollte sie sich eher von den Leuten fern halten, aber die Orkin ist fest entschlossen und ich habe weder die Kraft, noch die Lust, mit ihr zu diskutieren.

16. Macqwen
Wir treffen uns am Morgen und senden einen Boten zu Calin und geben ihm zu verstehen, dass wir ein Mittel gefunden haben, sein Albträume zu beenden. Den Rest des Tages verbringen wir mit Warten. Am Abend begleite ich Lavinia in die Oper, wo wir das Konzert des legendären Cornelio geniessen. Seine Darbietung ist wirklich... einzigartig. Beim Verlassen der Oper treffen wir noch auf Calin, welcher mich mustert und mich spitzbübisch anlächelt. Gerne würde ich mit ihm persönlich sprechen, aber als ich sehe, wer ihn begleitet, lasse ich von meinem Vorhaben ab. Lavinia und ich nehmen eine Gondola zurück zu ihrem Anwesen und lassen den Abend ausklingen.

17. Macqwen
Ich habe zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wieder einigermassen Schlaf gefunden. Zwar suchten mich die Visionen der Vergangenheit noch immer heim, aber ich war in der Lage, nach dem schreckhaften Aufwachen, wieder Schlaf zu finden.
Eine Stunde vor Mittag überbringt uns ein Bote die Nachricht, dass Calin uns zur vierten Stunde nach Mittag erwartet. Zusammen mit Emie nehmen wir den Termin war. Oi wird jedoch nicht ins Anwesen gelassen. Der Herrscher der Schattenküste empfängt uns in seinem Salon. Wir teilen ihm mit, dass wir gefunden haben, wonach er gesucht hat. Als Emie jedoch einen Stein aus ihrem Beutel nimmt, verändert sich die Stimmung augenblicklich. Calin herrscht uns an, wie wir es wagen könnten, ein solches Ding in sein Haus zu bringen und plötzlich hat er einen Dolch in der Hand und innerhalb eines Lidschlages steht er neben mir, bereit zum Stoss. Bevor jemand reagieren kann, greift Emie nach seinem Arm und er schaut ihr tief in die Augen. Schliesslich löst er den Blick von ihr und droht uns, sollten wir jemals ein Wort über die ganze Angelegenheit verlieren, würden erst all diejenigen sterben, welche uns etwas bedeuten und im Anschluss wir selber. Verstört verlassen wir das Anwesen, Emie bleibt zurück. Schweigend gehen wir zurück zu Lavinia. Oi will wissen, was passiert ist, aber ich gebe ihr zu verstehen, dass wir nicht darüber sprechen können und dass auch sie am besten alles vergisst, was nur entfernt mit Calin zu tun hat. Die Orkin bricht regelrecht zusammen und man kann ihr ansehen, wie sie die Hoffnung aufgibt. Wir warten angespannt auf ein Lebenszeichen von Emie, sollen aber die ganze Nacht nicht von unserer Sorge um sie erlöst werden.

18. Macqwen
Eine Stunde vor Mittag betritt Emie das Anwesen der Vanderborens. Sie sieht müde und abgekämpft aus, doch hat sie scheinbar Erfolg gehabt, denn sie überreicht mir Calins Madamanten. Sie warnt uns nochmals, kein Wort über die Angelegenheit zu verlieren. Calin sei viel gefährlicher, als der Sircrunè bisher angenommen habe. Hätten sie schon vorher davon gewusst, hätten sie niemanden mit uns nach Sasserine geschickt. Emie verabschiedet sich von uns, spricht ein Wort und ist verschwunden. Oi bittet darum, den Madamanten tragen zu dürfen, was ich ihr aber verweigere.
Wir besprechen, was nun der nächste Schritt sein soll und beschliessen, mit Jalpe Jinn Kontakt aufzunehmen. Wir müssen jedoch feststellen, dass er am heutigen Tag abwesend ist.

Mit dem Madamanten um den Hals ist es die erste Nacht seit den Geschehnissen in Sarasota, dass ich ohne Albträume durchschlafen kann. Mehr noch, ich begegne erneut Selinaya. Sie bedankt sich bei mir und offenbart mir ein Stück Erinnerung aus meinen Kindertagen. Orryn, wo auch immer du gerade sein magst, ich hoffe es geht dir gut... und Alarion, bitte vergib mir...

19. Macqwen
Wir begeben uns zum Schrein von St. Worgul. Da Jalpe Jinn gerade nicht da ist, warten wir. Im Verlaufe des Nachmittags treffen wir ihn schliesslich an und geben ihm zu verstehen, dass wir nun im Besitz eines Madamanten sind. Er teilt uns mit, dass er schaue, was er machen könne und wir sollen damit rechnen, kontaktiert zu werden. Den Rest des Tages verbringen wir mit warten, wobei Oi im Schrein bleibt und aus irgend einem Grund zu St. Worgul betet.

20. Macqwen
Als ich aufwache, weiss ich wo wir hin müssen. Ich teile Elavrin und Savina mit, dass wir am Abend kurz bevor die Tore geschlossen werden, die Stadt verlassen müssen. Als ich Oi das selbe erklären will, muss ich feststellen, dass sie immer noch im Schrein sitzt und offenbar seit gestern weder etwas gegessen noch etwas getrunken hat. Der Sinn hinter dieser Aktion erschliesst sich mir zwar nicht, doch berichte ich ihr, dass wir heute Abend aus der Stadt raus müssen. Als sie nicht auf meine Worte reagiert werde ich laut, doch sie schaut mich nur verständnislos an. Hat ihr Fasten ihr das letzte Bisschen Verstand geraubt? Hat sie sich so kurz vor dem Ziel dazu entschieden, vor Hunger und Durst zu sterben? Ich verliere endgültig meine Geduld mit der Orkin und schreie sie an, dass sie von mir aus verrecken könne und dass wir auch ohne sie mit den Priestern in Kontakt treten würden. Wenn sie durch ihre Abwesenheit riskieren wolle, dass alles um sonst gewesen sei, dann solle sie das tun, mich kümmere es nicht... Als sie immer noch keine Reaktion zeigt, stapfe ich wütend aus dem Tempel. Ich bin zwar nicht stolz darauf, die Beherrschung verloren zu haben, doch musste ich meinem Ärger einfach Mal Luft machen. So sehr ich mich auch bemüht habe, Oi beizustehen und für sie als Freund da zu sein, so sehr hat sie sich bemüht, uns zu sabotieren und mir das Leben zur Hölle zu machen. Die Wahrheit kann manchmal grausam sein, aber ich fürchte, die Worte die ich ihr im Schrein an den Kopf geworfen habe, waren ehrlicher gemeint, als mir in dem Moment tatsächlich bewusst war.
Auf dem Rückweg zu Lavinia stelle ich fest, dass in Kürze ein Unwetter über Sasserine hereinbrechen wird. Ich betrachte den Himmel und unwillkürlich kommen mir Emies Worte in den Sinn, als sie in meine Zukunft geblickt hat. „Ein Sturm wird kommen. Ein schrecklicher Sturm. Wie die Flutwelle eines Zyklons wird er über die Welt hereinbrechen und alles zerstören, was sich ihm in den Weg stellt, was auch immer er berührt. Und im Kielwasser der Flutwelle wird der Feind waten. Der Sturm wird losbrechen und der Feind wird sich erheben. Auch wenn der Überlebende sich verloren glaubt, muss er sich der verborgenen Wahrheit stellen“ Ich bekomme eine Gänsehaut und ein kalter Schauer läuft meinen Rücken herab. Eilig begebe ich mich zurück in das Anwesen der Familie Vanderboren und versuche mich auf die am Abend bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren.

Am Abend treffen wir uns wie verabredet beim Stadttor im Azurviertel. Es hat bereits zu regnen angefangen und zu meinem Erstaunen ist auch Oi anwesend und aufbruchbereit. Mein Zorn ist nach wie vor noch nicht gänzlich verraucht und so ignoriere ich sie. Ich führe die Gruppe durch den Dschungel auf einem Weg parallel zur Klippe, weg von Sasserine. Ich weiss zwar nicht genau, wohin wir müssen, aber ich spüre, dass wir richtig sind. Nach mehreren Stunden kommen wir schliesslich an einen unbewaldeten Teil der Klippe. Als wir aus dem Dschungel treten, gehen plötzlich unsere magischen Lichter aus. Der Sturm tobt nach wie vor und zerrt an unseren Kleidern, doch ist kein Laut mehr zu hören. Gestalten aus Mondlicht und Schatten schälen sich aus der Dunkelheit und kreisen uns ein. Eine einzelne dieser Gestalten löst sich aus dem Kreis und tritt an Oi heran. Widerwillig gebe ich der Orkin den Madamanten und diese entschuldigt sich bei Morrigan für das Geschehene und bittet um Vergebung. Sie überreicht der Gestalt den Madamanten und dieser verschwindet in dessen Handfläche, als würde er aufgesogen. Daraufhin berührt die Gestalt Oi über dem Herzen und begibt sich anschliessend wieder zurück in den Kreis. Auf ein Mal hören wir wieder das Brüllen und Tosen des Sturms und Dunkelheit umfängt uns. Wir taumeln zurück in den Schutz des Dschungels und begeben uns zurück nach Sasserine. Kurz bevor der Sturm seinen Höhepunkt erreicht, passieren wird am frühen Morgen die Stadttore.
Oi möchte sich offenbar bei jedem einzelnen von uns bedanken, aber durch das Unwetter ist kaum ein Wort zu verstehen. Bevor Oi sich bei mir bedanken kann, lasse ich die drei Frauen dort stehen wo sie sind und mache mich auf den Weg in meine Wohnung. Ich habe im Moment definitiv genug von der Orkin. Erschöpft und bis auf die Knochen durchnässt lasse ich mich ins Bett fallen und warte darauf, dass mich die schrecklichen Bilder meiner Vergangenheit aufs Neue ereilen.